Seit dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ist Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck händeringend auf der Suche nach neuen Gaslieferanten. Dabei scheut er auch nicht vor Verträgen mit umstrittenen Regimen wie in Katar zurück. Am liebsten sind ihm und der Bundesregierung aber natürlich demokratische Lieferanten. Neben Norwegen stehen daher in Europa vor allem die Niederlande im Fokus seiner Bemühungen. Dort allerdings blickte man mit einem gewissen Stirnrunzeln in Richtung Deutschland. Denn einerseits wünschte sich die Bundesregierung einen starken Ausbau der Erdgasförderung im Nachbarland. Andererseits schien man die eigenen Erdgasvorkommen aber nicht ausbeuten zu wollen. So war im Koalitionsvertrag der Ampelregierung noch klar geregelt: „„Wir wollen keine neuen Genehmigungen für Öl- und Gasbohrungen jenseits der erteilten Rahmenbetriebserlaubnisse für die deutsche Nord- und Ostsee erteilen.“ Das für die Genehmigungen zuständige Land Niedersachsen wandte sich sogar vehement gegen Projekte im niederländisch-deutschen Grenzgebiet in der Nordsee. Bild: Swinsto101, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons Im niederländisch-deutschen Grenzgebiet gibt es mehrere Gasfelder Inzwischen scheint bei den Beteiligten aber ein gewisses Umdenken einzusetzen. So hat die Landesregierung in Niedersachsen der Ausbeutung des Gasfelds N05-A in der Nordsee inzwischen zugestimmt. Das Potenzial dort und in unmittelbar angrenzenden Feldern wird auf 4,5 bis 13 Milliarden Kubikmeter Erdgas geschätzt. Zur Einordnung: Der gesamte deutsche Erdgasverbrauch lag im vergangenen Jahr bei etwas mehr als 90 Milliarden Kubikmetern. Die Ausbeutung zusätzlicher Vorkommen in der Nordsee kann das Problem also nicht alleine lösen, aber zumindest einen signifikanten Beitrag leisten. Im deutsch-niederländischen Grenzgebiet gibt es zudem noch weitere Gasfelder. Alle gemeinsam sind unter der Bezeichnung „GEMS“ bekannt. Alles in allem wird das Potenzial hier sogar auf bis zu sechzig Milliarden Kubikmeter geschätzt. Vor diesem Hintergrund ist es nicht uninteressant, dass nun auch das Bundeswirtschaftsministerium von der Linie des Koalitionsvertrags abrückt. So verkündete eine Sprecherin, dass die aktuelle Lage, Entscheidungen verlange, die der Lage angemessen seien. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist ebenso wichtig Ähnliches war auch bei der Laufzeitverlängerung der letzten noch laufenden Atommeiler zu beobachten gewesen. Auch hier hatte sich Habeck zunächst eine Zeit lang gesträubt, bevor er dann die Notwendigkeit einsah. Innerhalb seiner eigenen Partei muss er aber zumindest in der Frage der Erdgasförderung noch Überzeugungsarbeit leisten. Denn im Landtagswahlkampf in Niedersachsen sprachen sich die Grünen explizit gegen neue Genehmigungen in der Nordsee aus. Nun gilt es als wahrscheinlich, dass sie eine Koalition mit der SPD eingehen werden. Diese stellte allerdings mit Stephan Weil auch bisher schon den Ministerpräsidenten. Es ist daher eher unwahrscheinlich, dass dieser den Streit mit den niederländischen Nachbarn noch einmal aufleben lassen wird. Mittel bis langfristig soll die Abhängigkeit von Erdgas dann durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien verringert werden. Hier hinkt Deutschland den eigenen Zielen aber noch deutlich hinterher. Via: Handelsblatt Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter