Der irdische Wasserkreislauf lässt sich im Groben als die Prozesse der Verdunstung und des Niederschlags beschreiben. Diese beiden Vorgänge halten sich im Idealfall im Gleichgewicht. Allerdings kommt hier die Menschheit ins Spiel. In den letzten beiden Jahrzehnten haben wir sehr deutlich in die Balance zwischen Verdunstung und Niederschlag eingegriffen – mit drastischen Resultaten, wie Forscher:innen nun herausfanden: Ab dem Jahr 2014 sank der globale Vorrat an flüssigem Süßwasser plötzlich und deutlich ab. Eine Erholung konnte seitdem nicht beobachtet werden. Dem Team rund um Matthew Rodell vom Goddard Space Flight Center der NASA zufolge unterscheide sich dieser Wasserverlust deutlich von früheren Trockenperioden.


Bild: NASA

Wasserrückgang ab 2014

Dass der Mensch teilweise recht deutlich in den Ressourcenhaushalt der Erde eingreift, ist wahrlich nichts Neues. Im Falle des Wasserkreislaufs geht es vornehmlich um Maßnahmen wie die Übernutzung von Wasservorräten sowohl in Gewässern als auch im Grundwasser oder Flächenversieglung als auch um die allgemeinen Auswirkungen des anthropogenen Klimawandels. Zu den Resultaten gehört eine Zunahme der Verdunstung um zehn Prozent in den letzten Jahrzehnten, vorrückende Wüsten und sinkende Grundwasserspiegel.

Das Team der NASA entdeckte nun in Satellitendaten einen abrupten Rückgang der globalen Wasservorräte ab dem Frühsommer 2014, der dazu führte, dass seitdem in den terrestrischen Wasserspeichern, also den weltweit vorhandenen Seen, Flüssen und auch dem Grundwasser, etwa 22 Millimeter Pegel fehlen. Das klingt nicht nach viel, summiert sich aber auf einen Wasserverlust von etwa 1.200 Kubikkilometer gegenüber dem langjährigen Bestand.


Diese Entdeckung machten die Forscher:innen im Rahmen der Auswertung von Daten der GRACE- und GRACE-FO-Missionen, die die NASA in den letzten 20 Jahren durchführte. Dabei handelt es sich um Satelliten-Missionen, die das irdische Schwerefeld vermessen und unter anderem auch ermitteln können, wie viel Süßwasser in der Atmosphäre sowie im Eis oder in Form von Flüssen, Seen und im Grundwasser vorhanden ist. Außerdem nutzte das Team die Daten anderer Satelliten sowie hydrologischer Erdsystemmodelle als Vergleichsdaten.

Forschungsteam auf der Suche nach Ursachen

Die Daten zeigten den Forscher:innen, dass der Beginn des abrupten Wasserverlusts auf einen starken El Niño im Jahr 2014 zurückzuführen ist. Diese Klimaanomalie dauerte bis ins Jahr 2016 an und führte zu schweren Dürren in Südamerika. Es handelt sich um das extremste Dürreereignis in allen im Rahmen der Satellitenmissionen gesammelten Daten. Die veränderten Luftströmungen führten auch zu weiteren Trockenperioden auf der Südhalbkugel. Dies resultierte um einen Rückgang des Vorrats an global vorhandenem flüssigen Süßwassers um 22 Millimeter.

An und für sich genommen ist dies zwar ein drastischer Rückgang, aber als solcher nicht ungewöhnlich. Allerdings konnte sich der Süßwasservorrat anders als während anderen Trockenperioden nicht erholen. „Der globale terrestrische Wasservorrat ist seit dieser anfänglichen Abnahme niedrig geblieben„, so die Forscher:innen. Das Team betont auch, dass der aktuelle weltweite Wasserverlust über die natürlichen Schwankungen früherer Zeiten hinausgeht. „Die Tests sprechen stark dafür, dass der abrupte Wasserverlust von 2014 bis 2016 eine statistische Anomalie darstellt. Er zeigt eine abrupte Verschiebung der globalen terrestrischen Wasserbestände an„schreiben die Wissenschaftler:innen weiter.

Als weitere Ursache identifizierte das Team eine Serie von Dürren, die auch nach dem El Niño alle Kontinente ereilte. „13 der 30 schwersten Dürren haben sich seit Januar 2015 ereignet. Die betroffenen Gebiete umfassen rund 52 Prozent der gesamten Landoberfläche ausgenommen die Eisflächen Grönlands und der Antarktis„, schreiben sie. Dabei sind vor allem Asien und Südamerika, aber auch Europa betroffen. Auf unserem Kontinent schrumpften die Wasservorräte vor allem zwischen 2018 und 2020.

Am schwersten betroffen ist indes der asiatische Kontinent. Dort kam es zu den schwersten Dürren, deren Auswirkungen mit den Effekten einer deutlichen Übernutzung der Wasserreserven zusammentrafen.

Vorübergehendes Phänomen oder dauerhafte Verschiebung?

Verschärft wird die Lage dadurch, dass die Wasservorräte sich außerhalb der Dürreperioden deutlich langsamer als früher regenerieren. Grund hierfür ist, dass deutlich ausgetrocknete Böden weniger Wasser aufnehmen können als feuchte und die Verdunstung im Rahmen des Klimawandels deutlich zunahm. „Höhere Temperaturen erhöhen sowohl die Verdunstung als auch die Wasserspeicher-Kapazität der Atmosphäre„, so Rodell.

Unklar ist indes, ob die wasserarme Phase, die uns in den letzten zehn Jahren heimsuchte, ein vorübergehendes Phänomen oder ein langfristiger Trend ist. Die Forscher:innen halten es zumindest nicht für unwahrscheinlich, dass es sich beim Abrupten Absinken der Wasserreserven in Kombination mit der fehlenden Erholung nicht einfach nur um einen statistischen Ausreißer handelt, sondern sogar eine dauerhafte Verschiebung des irdischen Wasserkreislaufs anzeigt – namentlich in Richtung mehr Wasserdampf in der Atmosphäre und weniger Süßwasser in Seen, Flüssen und in den Grundwasserreservoiren.

via NASA

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