Man sollte eigentlich meinen, dass der menschliche Körper inzwischen bis ins letzte Detail erforscht wurde. Doch wie in allen anderen Forschungsbereichen gibt es auch hier immer wieder Überraschungen. So machte Matthijs Valstar vom Niederländischen Krebsinstitut in Amsterdam mit seinem Team eine erstaunliche Entdeckung: An der Rückseite des Nasenrachenraums befindet sich ein Paar großer Speicheldrüsen. Die Besonderheit: Wer einmal ein aktuelles Anatomiebuch aufschlägt, wird diese Drüsen nicht finden. Die Wissenschaftler in den Niederlanden gehen davon aus, dass sie die ersten sind, die das Drüsenpaar wissenschaftlich beschrieben haben. Sie kreierten daher sogar einen Namen für ihre Neuentdeckung – zukünftig wird von den Tubarius-Drüsen die Rede sein. Bei klassischen Bildgebungsverfahren – etwa dem Ultraschall oder der Computertomografie – sind sie allerdings nicht zu sehen.


Bild: The Netherlands Cancer Institute

Ein neues Bildgebungsverfahren machte die Entdeckung möglich

Zwar erkennt man auch dort, dass sich an der fraglichen Stelle Gewebe befindet. Die Detailstruktur wird allerdings nicht sichtbar. Die niederländischen Forscher kamen der Sache daher auch nur zufällig auf die Spur: Sie werteten Bilder einer speziellen Positronenemissions-Tomografie (PET) aus. Diese dient eigentlich dazu, Biomarker für Prostatakrebs sichtbar zu machen. Als die Forscher die Bilder allerdings genauer untersuchten, entdeckten sie die zwei jeweils vier Zentimeter langen Drüsen. Um ihre Beobachtung zu bestätigen, untersuchten sie zudem auch noch einmal das Gewebe von zwei Verstorbenen. Auch hier konnte das Drüsenpaar nachgewiesen werden. Es ist also davon auszugehen, dass die bisherigen Beschreibungen des Speicheldrüsensystems im menschlichen Körper unvollständig sind. Valstar und sein Team sprechen von den „Tubarius-Drüsen als neuer anatomischer und funktioneller Einheit“.

Handelt es sich wirklich um ein neues Organ?

Die Forscher gehen sogar davon aus, dass sie ein neues Organ entdeckt haben. Grundsätzlich müssen dafür drei Kriterien erfüllt sein:


1. Es müssen mehr als zwei Gewebetypen vorhanden sein.

2. Das Gewebe muss eine definierte Form und Struktur besitzen.

3. Es muss eine spezifische Funktion erfüllt werden.

Die ersten beiden Punkte erfüllen die neuen Tubarius-Drüsen zweifelsohne. Bei der Funktion fehlt es den Forschern aber naturgemäß noch an gesicherten Erkenntnissen. Die Forscher gehen aktuell von der Annahme aus, dass die Drüsen die Aufgabe haben, den Nasenrachen und den Eingang der Eustachischen Röhre zu befeuchten. Hier sind aber noch weitere Untersuchungen nötig, um die Theorie abzusichern. Es ist daher auch möglich, dass die Neuentdeckung letztlich als Teil des Speichel-Organsystems eingestuft wird. Eins aber ist klar: Die Anatomiebücher benötigen in ihrer nächsten Auflage eine kleine aber feine Ergänzung.

Via: NKI

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