In den 1960er Jahren wurde in Jülich der Hochtemperaturreaktor (HTR) entwickelt und gebaut. Ein größerer Nachfolger wurde 1989 nach wenigen Betriebsjahren stillgelegt. Chinesische Physiker haben das Konzept aufgegriffen, weil das Konzept schwere Unfälle wie in Three Mile Island, Tschernobyl und Fukushima unmöglich macht. Sie bauten zunächst einen Zehn-Megawatt-Reaktor mit dieser Technik. Jetzt geht ein zehn Mal größerer in Betrieb. Nuklearforscher am Institute of Nuclear and New Energy Technology der Tsinghua University in Peking haben den Reaktortyp, den Siemens einst nach dem Jülicher Vorbild entwickelte, aber nie bauen konnte, verbessert.


Die beiden Reaktoren sind ein einem einzigen Gebäude („reactor building“) untergebracht. Vom Kontrollraum („control building“) werden sie überwacht Quelle: China Huaneng Group

Energie aus 104.000 Brennstoffkugeln

Das Herzstück ist ein elf Meter hoher Rundbehälter mit einem Durchmesser von drei Metern. Gefüllt ist er mit 104.000 tennisballgroßen Kugeln aus Graphit, die fein verteilt wenige Gramm angereichertes Uran enthalten. Der Behälter läuft nach unten konisch zu und endet in einer Schleuse, durch die während des laufenden Betriebs kontinuierlich Kugeln abgezogen werden. Beschädigte werden automatisch aussortiert, die, die noch genügend Brennstoff enthalten, wandern zurück in den Behälter, in den bei Bedarf auch frische Kugeln gelegt werden.

Helium transportiert die Wärmeenergie ab

Der Reaktorkern heizt sich auf bis zu 750 Grad Celsius auf, kein Problem für Graphit. Das hält auch 2500 Grad aus, wenn er nicht mit Sauerstoff in Berührung kommt. Deshalb wird die Wärmeenergie mit dem Edelgas Helium aus dem Kern geholt. In einem Wärmetauscher entsteht Dampf, der einen konventionellen Turbogenerator antreibt.


Reaktor schaltet sich bei Gefahr selbst ab

Sowohl in Jülich als auch in China ist ein aufsehenerregendes Experiment gelungen. Während des Betriebs stellten die Reaktorfahrer einfach den Heliumstrom ab, sodass die Wärme nicht mehr abtransportiert wurde. Während alle anderen Reaktortypen darauf mit einer Kernschmelze reagieren, nehmen die Kernspaltungen im HTR mit zunehmender Temperatur ab und hören schließlich völlig auf – der Reaktor schaltet sich selbstständig ab.

Im chinesischen Shidaowan lässt der in Staatsbesitz befindliche chinesische Energiekonzern China Huaneng Group gleich zwei der 105-Megawatt-HTR bauen. Der erste befindet sich in der Inbetriebnahmephase. Er soll noch in diesem Jahr Strom ins Netz einspeisen. Sein Zwillingsbruder folgt 2022.

 

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