Die Erfindung des Lichtmikroskops leitete eine neue Ära in der Wissenschaft ein. Erstmals waren die Strukturen und Organismen in der Mikrowelt sicht- und damit auch erforschbar. Bis heute haben Mikroskope zahlreiche wissenschaftliche Entdeckungen ermöglicht. Moderne Geräte sind allerdings nicht gerade günstig. Forscher der Universität Münster haben daher ein Eigenbaumikroskop entwickelt, das quasi jeder mit ein paar Legosteinen und Linsen aus einem Handy nachbauen kann und das erstaunliche Vergrößerungswerte erreicht. Bild: Timo Betz Mikroskop aus Legosteinen Das Mikroskop der Forscher aus Münster besteht aus Einzelteilen, die nicht nur günstig sind, sondern auch quasi überall verfügbar: Aus Legosteinen. Einzig die Linsen entstammen nicht dem Lego-Sortiment. Diese können aber aus nahezu jedem Handy entnommen oder aber für etwa vier Euro im Handel erstanden werden. Der Mikroskop-Korpus besteht aus einem Turm aus normalen Legosteinen, während der Probentisch aus einem flachen Bauteil besteht und über ein Getriebe höhenverstellbar ist. Ein Legostein mit integrierter LED sorgt für die Durchleuchtung der zu mikroskopierenden Probe. Hier ist ein wenig Feinarbeit erforderlich: Die standardmäßig orangene LED des Legosteins muss durch eine weiße Version ersetzt werden, was laut den Forschern allerdings relativ einfach sei. Die optischen Bauteile, also das Okular sowie das Objektiv, sind die entscheidenden Komponenten des Mikroskops. Beim Okular finden Acryllinsen mit einer Brennweite von 102 Millimetern Verwendung, während die Linse aus der Kameralinse eines Smartphones besteht. „Diese hochspezialisierten Plastiklinsen haben herausragende optische Eigenschaften und eignen sich daher gut für die hochauflösende Mikroskopie“, so die Forscher. Der Einbau des Objektivs ist einfach: Die Kameralinse wird dazu mit einem transparenten Klebeband in einem Legostein mit einem Loch befestigt und dann mit einer Glasscheibe abgedeckt. „Die von uns genutzte Kameralinse hat eine Brennweite von 3,85 Millimetern und eine numerische Apertur von 0,54“, so die Konstrukteure des Mikroskops. Allerdings sei auch die Verwendung anderer Linsen möglich: Für ein weniger stark vergrößerndes Mikroskop könne zum Beispiel eine Glaslinse mit beispielsweise 26,5 Millimeter Brennweite verwendet werden. Detaillierte Anleitung im Internet Vos und sein Team nutzten verschieden Proben, um ihr Mikroskop zu testen. So kamen etwa eine Wasserprobe aus einem Tümpel, ein Zwiebelhäutchen sowie die Eier eines Salzkrebchens zum Einsatz. Dabei erreichte das Mikroskop mit einer Glaslinse eine 27-fache Vergrößerung, das Gerät mit der Handylinse kam auf eine 224-fache Vergrößerung. Dies reicht aus, um auch feinste Zellstrukturen in der Zwiebelhaut sichtbar zu machen. In Sachen Auflösung konnte das Mikroskop Streifen bis zu einem Abstand von 0,78 Mikrometern von voneinander trennen, was dicht am Auflösungslimit für diese Rahmenbedingungen liegt. Die für das Mikroskop benötigten Teile kosten insgesamt weniger als 100 Euro. Die Forscher betonen außerdem, dass die Konstruktion des Gerätes so einfach sei, dass sie auch von einem neunjährigen Kind zu bewältigen wäre. Im Internet veröffentlichte das Team eine Anleitung sowie ein Schritt-für-Schritt-Video. „Wir hoffen, dass dieses modulare Mikroskop in Klassenzimmern und zu Hause auf der ganzen Welt eingesetzt wird, um Kinder für die Wissenschaft zu begeistern und zu inspirieren. Wir haben gezeigt, dass wissenschaftliche Forschung nicht vom täglichen Leben getrennt sein muss. Sie kann aufschlussreich, lehrreich und lustig sein!“, so Koautor Timo Betz von der Universität Göttingen. via Universität Göttingen Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter