Materialien, die Strom nahezu widerstandsfrei leiten können, bezeichnet man als Supraleiter. Allerdings war diese Eigenschaft lange Zeit nur nahe des absoluten Nullpunkts beobachtet worden – also bei etwa minus 273 Grad Celsius. Inzwischen gibt es Hochtemperatur-Supraleiter, die bereits bei minus 70 Grad widerstandsfrei werden, so etwa Schwefelwasserstoff. Forscher rund um Mikhael Eremets vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz haben jetzt ein Material entdeckt, dass bei minus 23 Grad supraleitend wird – damit konnten sie einen neuen Rekord für Supraleiter aufstellen.
Supraleitung bereits bei knapp 20 Grad unter 0
Die für Supraleiter benötigten Tieftemperaturen machen die praktische Nutzung dieser Materialien schwierig. Es gibt zwar Experimente mit Supraleiter-Kabeln in städtischen Stromnetzen, aber die benötigte starke Kühlung der Kabel macht diese Techniken teuer und aufwändig umzusetzen.
Der experimentelle Durchbruch der Forscher des Max-Plank-Instituts macht nun neue Hoffnung. Das Team hat ein Material entdeckt, dass deutlich weniger gekühlt werden muss als der bisherige Rekordhalter Schwefelwasserstoff: Das Metallhydrid Lanthanhydrid (LaH3). „ Solche Hydride besitzen eine Clathrat-ähnliche Struktur, in der das Wirtsatom – Calcium, Yttrium oder Lanthan – im Zentrum eines Käfigs aus Wasserstoffatomen sitzt„, erklären die Forscher. Diese „Käfige“ bilden unter hohem Druck eine Struktur aus, die die Supraleitung möglich machen. Das zumindest war die Theorie der Forscher.
Für ihr Experiment befestigten die Forscher eine Probe des Lanthanhydrids in einer Wasserstoffatmosphäre in eine Diamantstempel-Presse ein. Als sie den Druck langsam steigerten, veränderte sich die Bindungsstruktur der Probe. Bei einem Druck von rund 170 Gigapascal (etwa das Millionenfache des Drucks in der Erdatmosphäre) bildete sich das wasserstoffreiche Lanthanhydrid LaH10.
Dieses zeigte bei bereits minus 23 Grad Celsius einen ersten Übergang zum supraleitenden Zustand, indem es seinen Widerstand zur Elektronenleitung verlor. Außerdem ließ sich die kritische Temperaturschwelle durch externe Magnetfelder beeinflussen. Beides gilt als charakteristisches Anzeichen für die Supraleitung.
Raumtemperatur-Supraleiter im Bereich des Möglichen
„ Unseres Wissens nach ist dies die höchste kritische Temperatur, die je in einem supraleitenden Material berichtet worden ist. Damit ist unsere Studie ein weiterer Schritt hin zu einer Supraleitung bei Raumtemperatur„, so die Forscher. Das Team geht davon aus, dass Raumtemperatur-Supraleiter in Form von Yttrium-Superhydriden oder bestimmten Kohlenstoffverbindungen realisierbar sind.
Aktuell arbeiten die Forscher daran, den benötigten Druck für die Erzeugung der Superhydride zu verringern. „ Unser nächstes Ziel ist es, Proben zu erzeugen, die zwar bei hohem Druck synthetisiert werden, aber dann selbst bei normalem Druck noch supraleitend bleiben„, so Koautor Vitali Prakapenka von der University of Chicago.
Wigald T.
26. Mai 2019 at 18:42
Was soll der blödsinnige Link auf di Universität Chicago? Die Amis haben es rausgefunden? Nein, die am MPG. https://www.mpg.de/13502314/supraleitung-supraleiter-raumtemperatur
Alexander Trisko
28. Mai 2019 at 13:39
Vielen Dank für diese äußerst vielschichtige und konstruktive Kritik.
1. Der Link unter dem Artikel gibt – wie es journalistischen Standards entspricht – nicht die hauptsächlich beteiligte Forschungsinstitution an, sondern die Primärquelle für den Artikel. Diese war in diesem Fall nun mal der Artikel der University of Chicago.
2. Betrachtet man die Studie an sich, so kann man vortrefflich drüber streiten, ob „die am MPG“ wirklich den Hauptteil der Lorbeeren einheimsen können:
https://www.nature.com/articles/s41586-019-1201-8