Glasfassaden gelten auch weiterhin als modern. Allerdings kommen sie auch mit Problemen, zumindest dann, wenn sie aus herkömmlichen Glas bestehen. Sie heizen schnell auf, müssen viel geputzt werden lassen teilweise sogar zu viel Licht durch. Forscher:innen haben nun ein Polymer-Material entwickelt, das möglicherweise besser für den Einsatz in Fassaden oder Dächern geeignet ist als Glas. Es ist nicht nur transparenter, sondern kühlt Innenräume und kann sich wie ein Lotusblatt selber reinigen. Diese Eigenschaften werden durch eine spezielle Nanostruktur ermöglicht. Bild: Gan Huang, KIT Neues Nano-Metamaterial mit speziellen Eigenschaften Ziel des Teams rund um Gan Huang vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) war es, die Lichtverhältnisse in Gebäuden mit Fassaden oder Dächern aus Glas besser zu gestalten. Dafür haben sie ein Material namens Polymer-based Micro-Photonic Multi-Functional Metamaterial (PMMM) entwickelt, das auf dem Silikon PDSM basiert. Aus diesem neuen Material lassen sich Folien anfertigen, die für eine bessere Stabilität an verglaste Häuserfassaden geklebt werden können. Die nanostrukturierte Oberfläche von PMMM besteht aus mikroskopisch kleinen Pyramiden, die jeweils eine Größe von etwa zehn Mikrometer haben. Diese spezielle Struktur macht aus dem Material ein sogenanntes Metamaterial, das spezielle optische und thermische Eigenschaften in sich vereint. „Dieses Design integriert bei hoher Transparenz mehrere Funktionalitäten, einschließlich Lichtstreuung, Selbstreinigung und Strahlungskühlung„, schreiben die Forscher:innen. Passive Kühlleistung ohne Energiebedarf In ersten Tests im Labor sowie unter freiem Himmel zeigte sich, dass das neue Material eine Kühlleistung von etwa 97 Watt pro Quadratmeter erreicht und dadurch bis zu sechs Grad Celsius kälter war als die direkte Umgebung. Das in der Folie enthaltene PDSM nimmt kaum Sonnenlicht auf und strahlt Wärme mit einer Wellenlänge von etwa acht bis 13 Mikrometer ab, was genau dem Infrarot-Transmissionsfenster der Erdatmosphäre entspricht. Durch diese Eigenschaft ermöglicht PMMM eine passive Strahlungskühlung, ohne dass dabei zusätzliche Energie benötigt wird. Die Folie ist auch transparenter als Glas. Letzteres lässt 91 Prozent des einfallenden Lichts durchlässt, kommt PMMM auf 95 Prozent, da die reflektierten Sonnenstrahlen von den Nano-Pyramiden nicht in den Himmel, sondern auf benachbarte Pyramiden umgelenkt werden. Somit durchdringen sie das Material dennoch. Außerdem streut PMMM einfallendes Licht im Gegensatz zu Glas stark. „Wenn das Material in Dächern und Wänden verwendet wird, ermöglicht es so helle und gleichzeitig blendfreie sowie sichtgeschützte Innenräume für Arbeiten und Wohnen. In Gewächshäusern könnte die hohe Lichtdurchlässigkeit die Erträge steigern, weil die Effizienz der Photosynthese schätzungsweise neun Prozent höher ist als in Gewächshäusern mit Glasdächern„, erklärt Huang. PMMM ist nachhaltig und selbstreinigend Eine willkommene Eigenschaft des Materials ist auch seine Selbstreinigungsfähigkeit. Ähnlich wie die Nanostruktur von Lotusblättern lässt auch die Struktur von PMMM Wasser abperlen. Die pyramidenförmige Struktur der Folie verringert die Kontaktfläche zwischen Wassertropfen und Oberfläche, sodass die Tropfen bereits bei geringer Neigung abrollen. Das so abperlende Wasser entfernt dabei Verschmutzungen von der Oberfläche. „Diese aktive Selbstreinigung der PMMM-Folie stellt einen bedeutenden Vorteil gegenüber herkömmlichen Oberflächen dar, was sie zu einer attraktiven Wahl für verschiedene Anwendungen macht, einschließlich Baumaterialien und andere Außenflächen, die eine einfache Wartung und Entfernung von Staubpartikeln erfordern„, erläutern die Forscher:innen. Zudem ist das Basismateroal PDSM kostengünstig und nachhaltig, sodass das neue Metamaterial auch im großen Maßstab skalierbar wäre, was für den Hausbau definitiv von Vorteil wäre. „Unser neu entwickeltes Material hat das Potenzial, in verschiedenen Bereichen eingesetzt zu werden und leistet einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen und energieeffizienten Architektur„, erläutert Bryce Richards vom KIT, Seniorautor der Studie. „Das Material kann gleichzeitig für optimale Nutzung von Sonnenlicht in Innenräumen sorgen, passiv kühlen und die Abhängigkeit von Klimaanlagen reduzieren. Die Lösung lässt sich skalieren und nahtlos in Planungen für umweltfreundlichen Hausbau und Stadtentwicklung integrieren„, fügt Huang hinzu. via KIT Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter