Forscher versuchen schon seit vielen Jahren das früheste Stadium der menschlichen Entwicklung besser zu verstehen. Dadurch erhoffen sie sich beispielsweise eine Verbesserung der künstlichen Befruchtung sowie Fortschritte beim Kampf gegen Schwangerschaftsverluste. Bisher allerdings sind die Forscher dabei auf die Spende von frühen Embryonen – sogenannten Blastozysten – angewiesen. Diese entstehen teilweise im Rahmen der künstlichen Befruchtung und kommen dann dort doch nicht zum Einsatz. Die Zahl der gespendeten Blastozysten ist allerdings nicht hoch genug, um alle Forschungswünsche zu bedienen. Zwei Forscherteams haben daher nun unabhängig voneinander menschliche Zellhaufen erzeugt, die den frühen Embryonen sehr stark ähneln. Sie werden daher auch als Blastoide bezeichnet. Zuvor hatte es entsprechende künstliche Nachahmungen nur bei Mäusen gegeben. Beobachter sprechen daher von einem wichtigen Durchbruch.


Die Nachahmung ist dem Original sehr ähnlich

Die künstlich erschaffenen Blastoide ähneln den Blastozysten in vielen Punkten. Dazu gehören Größe und Form ebenso wie die Anzahl und Struktur der Zellen sowie die Genaktivität. Für die Forschungsarbeit sind sie daher gut geeignet. Es gibt allerdings auch noch einige Unterschiede. So existieren in der Nachahmung einige Zelltypen, die in der natürlichen Version nicht vorkommen. Außerdem fehlt natürlich der Vorgang der Befruchtung, wodurch wiederum einige Bestandteile fehlen. Allerdings befindet sich die Forschungsarbeit auch noch ganz am Anfang. Die Forscher sind optimistisch, in Zukunft immer exaktere Nachbildungen erschaffen zu können. Der Ansatz der beiden Forscherteams bei der Erschaffung der Zellhaufen unterscheidet sich allerdings leicht. So nutzte das Team der australischen Monash University umprogrammierte Bindegewebszellen als Basis. Die Forscher der University of Texas setzten hingegen unter anderem auf embryonale Stammzellen.


Die Rechtslage in Deutschland muss noch geklärt werden

Bei beiden Ansätzen wanderten die Zellen dann allerdings in ein spezielles Nährmedium, um die weitere Entwicklung zu befördern. Die Anwendungsmöglichkeiten in der Forschung sind nun riesig. So kann beispielsweise untersucht werden, wie sich Giftstoffe bereits in dieser frühen Phase der menschlichen Entwicklung auswirken. Auch angeborene Krankheiten und die Ursachen von Unfruchtbarkeit lassen sich so möglicherweise besser verstehen. Zumindest in Deutschland gilt es zuvor allerdings noch einige offene Fragen zu klären. Denn theoretisch gilt hierzulande das Embryonenschutzgesetz, das der Forschung relativ strikte Regeln auferlegt. Inwiefern diese allerdings auch bei den künstlich erzeugten Zellhaufen Anwendung finden, ist aktuell noch nicht abschließend geklärt. Hier Klarheit zu schaffen, wäre aus Sicht der Wissenschaft von großer Bedeutung. Denn andernfalls dürften sich viele Wissenschaftler gegen Projekte hierzulande entscheiden und lieber ins Ausland gehen.

Via: Süddeutsche Zeitung

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