Graphen gilt quasi als Wundermaterial. Die einlagige Schicht aus wabenartig miteinander verbundenen Kohlenstoffatomen ist härter als Stahl, aber gleichzeitig auch ultraleicht. Besonders interessant ist es, weil es von Natur aus eine hohe elektrische Leitfähigkeit aufweist und sogar Formen der Selbstorganisation zeigt. Und das ist nicht genug: Werden zwei Graphenlagen aufeinander gelegt und um 1,1 Grad gegeneinander verdreht, wird das Graphen zum Supraleiter, leitet also Strom ohne Verlust und Widerstand. Physiker:innen gelang es nun zudem, solch supraleitendes Graphen elektrisch schaltbar zu machen: Mittels kurzer Spannungsimpulse machten sie das Kohlenstoffmaterial zum Supraleiter, Leiter und Nichtleiter. Schaltbares Graphen eröffnet potentiell neue Anwendungsmöglichkeiten in der Elektronik. Bild: MIT Bornitrid macht Graphen schaltbar Die Möglichkeit, Graphen elektrisch zu schalten, wurde von Physiker:innen rund um Dahlia Klein vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) entdeckt – und zwar quasi durch Zufall. Ursprünglich wollten die Forscher:innen eine Methode optimieren, mit der Graphen quasi auf Knopfdruck ferromagnetisch gemacht werden kann. Möglich wird dies, indem eine Schicht supraleitendes Graphen zwischen zwei Schichten Bornitrid legt. Dadurch verändern sich dann die magnetischen Eigenschaften des Graphens. „Wir wollten versuchen, einen noch stärkeren Graphen-Magneten zu erzeugen, indem wir die Schichten gegeneinander verdrehten. Stattdessen haben wir etwas vollkommen anderes entdeckt„, so Pablo Jarillo-Herrero, der an dem Projekt beteiligt war. Ihre Entdeckung machten die Forscher:innen, als sie die obere Bornitrid-Lage an der oberen Graphenschicht ausrichtete, die untere aber um 30 Grad gegen die obere verdrehte. Im Anschluss legten die Physiker:innen eine sogenannte Gate-Spannung, also eine leichte elektrische Spannung, an einem Ende an, um die elektrische Leitfähigkeit des Graphens zu messen. Bereits in früheren Experimenten konnte gezeigt werden, dass sich der Supraleitungszustand dieses „Magischer-Winkel“ Graphens abhängig von der angelegten Spannung ändert. Zufällige Entdeckung eröffnet viele Anwendungsmöglichkeiten Das Ergebnis des Experiments überraschte die Wissenschaftler:innen. Anders als eigentlich erwartet behält das Graphen seinen einmal durch das elektrische Feld ausgelösten Zustand auch noch bei, wenn die Spannung entfernt wird. Ein kurzer Spannungsimpuls reicht dadurch aus, um das Graphen zum Supraleiter zu machen. Ein weiter kurzer Impuls schaltet diesen supraleitenden Zustand wieder aus. Das Umschalten zum Leiter oder Nichtleiter ist ebenfalls über kurz anliegende elektrische Spannungen möglich. „Bei der großen Mehrheit der Materialien gilt: Wenn man das elektrische Feld abschaltet, dann verschwindet auch der von ihm ausgelöste elektrische Zustand. Dies ist das erste Mal, dass ein supraleitendes Material erzeugt wurde, das abrupt elektrisch an und ausgeschaltet werden kann“, so Jarillo-Herrero. Allerdings ist es bisher unklar, weshalb sich das Graphen in dieser speziellen Anordnung so verhält. Dies macht die Entdeckung allerdings nicht weniger bedeutsam. „Diese Entdeckung könnte den Weg für eine neue Generation von graphenbasierter supraleitender Elektronik ebnen„, so Jarillo-Herrero. Die Schaltbarkeit des Graphens macht es möglich, es in Schaltkreise und andere Elektronikbauteile zu integrieren. Mittelfristig kann so energieeffizientere und schnellere Elektronik produziert werden. via MIT Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter