Sonnen- und Windenergie gelten als wichtige Säulen der Energiewende. Damit diese Energieformen aber langfristig nutzbar sind, müssen ihre wetterbedingten Produktionsschwankungen ausgeglichen werden. Dafür braucht es Energiespeicher. Eine clevere und originelle Idee sieht vor, die Fahrstuhlsysteme von Hochhäusern zu Energiespeichern umzufunktionieren, indem sie überschüssigen Strom wie ein Pumpspeicherwerk speichern. Weltweit betrachtet könnte sich dadurch eine Speicherkapazität zwischen 30 und 300 Gigawattstunden ergeben, rechneten Forscher:innen aus. Pumpspeicher speichern Stromüberschuss Die Aufgabe von Energiespeichern ist es, Überschüsse bei der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien abzupuffern und die gespeicherte Energie wieder abzugeben, wenn die Nachfrage der Verbraucher das Angebot aus den erneuerbaren Energien übersteigt. Entsprechende Lösungsansätze gibt es einige. Zu ihnen gehören neben elektrochemischen Energien und thermischen Speichern auch Pumpspeicher, die Stromüberschüsse verwenden, um Wasser aus einem Reservoir in ein höher gelegenes Reservoir zu pumpen. Bei Bedarf kann das Gefälle zwischen den Reservoiren genutzt werden, um die gespeicherte Lageenergie mithilfe von Turbinen wieder zu Strom zu machen. Allerdings benötigen Pumpspeicherwerke viel Platz. Sie können zwar auch unterirdisch angelegt werden, sind aber generell eher für ländliche Gegenden geeignet. In Großstädten bietet sich eine andere Alternative an. Julian Hunt vom International Institute für Applied Systems (IASA) hat sich mit seinen Kolleg:innen ein cleveres Konzept überlegt, das Fahrstühle und Hochhausetagen als Energiespeicher nutzt. „Ich war schon immer fasziniert vom Prinzip der Lageenergie – der Stromerzeugung durch Höhenunterschiede wie beispielsweise durch Wasserkraft, Pumpspeicher, Auftrieb oder Schwerkraftspeicher„, so Hunt. Fahrstühle als Stromspeicher? Das von Hunt und seinem Team entwickelte Konzept hört auf den Namen Lift Energy Storage Technology (LEST) und nutzt die Tatsache, dass die meisten modernen Fahrstühle auf dem Weg nach unten Strom erzeugen. Die Energie der Fahrstühle beim Herabfahren wird mit speziellen Generatoren zurückgewonnen und zur Stromerzeugung genutzt. „Diese Permanentmagnet-Elektromotoren/Bremsen haben eine Effizienz von fast 92 Prozent„, so die Forscher. Vor allem beladene Fahrstühle setzen beim Herabfahren viel Energie frei. Das LEST-System basiert darauf, dass in Zeiten mit wenig Auslastung der Fahrstühle und Stromüberschuss diese genutzt werden können, um schwere Gewichte in Lager in den oberen Etagen von Hochhäusern zu transportieren. Je nach Fahrstuhl könnte ein solches Gewicht bis zu 1000 Kilogramm schwer sein. Denkbar wäre, Behälter mit nassem Sand oder Blei- beziehungsweise Betongewichte einzusetzen. Für den Transport der Gewichte wären autonom agierende Roboter zuständig. Wenn dann Strom benötigt wird, können die Gewichte mit dem Fahrstuhl in ein Lager im Keller oder den unteren Etagen des Gebäudes befördert werden. Im Zuge dieses Transports gewinnt das Bremssystem Strom aus der freiwerdenden Lageenergie zurück. Die so speicherbare Energiemenge variiert je nach den Gewichten und der Höhe der Gebäude. „Ein Gebäude mit 5.000 Gewichtscontainern und einer 50 Meter Höhendifferenz hat eine Energiespeicherkapazität von rund 545 Kilowattstunden„, so die Forscher:innen. Bild: Hunt et al. Relativ günstige Lösung Nach Angaben des Teams lohnt sich das System überall dort, wo es mehrere Hochhäuser mit einer Höhe von mindestens 5ß Meter gibt. Würde dieses System mit je 5000 Gewichtscontainern in jedem entsprechenden Hochhaus der Welt installiert werden, ergäbe sich eine Mindestkapazität von 30 Gigawattstunden. Mit mehr Gewichten ließen sich sogar 300 Gigawattstunden so speichern. Die Kosten für das System halten sich dabei in Grenzen. Die meisten Hochhäuser sind bereits mit Fahrstühlen ausgestattet, die beim Herabfahren Strom gewinnen. Es müssten also nur noch Gewichte, Lagerstätten sowie das autonome Verteilungssystem geschaffen werden. Das Team kam zu dem Schluss, dass das System bei einer mittleren Höhendifferenz von 100 Metern etwa 62 US-Dollar pro Kilowattstunde kosten würde. Die meisten Batteriespeicher sind teurer. System für Metropolen Allerdings funktioniert das System nur in Gebäuden, in denen ausreichend Möglichkeiten zur Lagerung der Gewichtscontainer zur Verfügung stehen. Außerdem muss die Statik des Gebäudes die Lagerung entsprechender Gewichte ermöglichen. Die Forscher:innen sehen in ihrem System dennoch einen sinnvollen Ansatz zur Zwischenspeicherung der Energie, die aus Sonne und Wind gewonnen wird. Besonders in Metropolen würde sich das System lohnen. „LEST kann als dezentrale urbane Energiespeicher-Lösung dienen, um Schwankungen von Wind- und Solarstrom und Bedarfsschwankungen auszugleichen„, so das Team. via International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter