Wer an der von dem Virus SARS-CoV-2 verursachten Krankheit Covid-19 erkrankt, der durchlebt in der Regel zu Beginn nur leichte Symptome. Ein eventueller schwerer Verlauf kristallisiert sich erst später heraus – erfahrungsgemäß etwa am Ende der ersten Woche. Mediziner aus Göttingen haben nun herausgefunden, dass es Warnzeichen im Urin gibt, die schon einige Tage vor Einsetzen des schweren Verlaufs auf diesen hindeuten können.


Urintest zur Früherkennung

Schwere Covid-19-Verläufe so früh wie möglich zu erkennen ist von entscheidender Bedeutung für die Behandlung der Erkrankten. Denn wenn sich schwere Symptome manifestieren, kann es gerade bei Menschen mit Vorerkrankungen oder älteren Patienten bereits zu spät für die effektive Behandlung sein. Unter Umständen sind die Lunge und andere Organe bereits irreversibel geschädigt, wenn die Behandlung anschlägt.


Forscher des Universitätsklinikums Göttingen haben eine Methode entdeckt, mit der die Behandlung schwerer Covid-19-Verläufe unter Umständen optimiert werden kann. „ Wir haben Abnormitäten in Urinproben von Patienten mit Covid-19 identifiziert, die dann innerhalb weniger Tage sehr krank wurden„, so Oliver Gross und seine Kollegen. Im Urin der Patienten fanden sich erhöhte Werte von Blut, weißen Blutkörperchen sowie dem Protein Albumin.

Die Indikatoren deuten darauf hin, dass die Nieren bereits von der Erkrankung angegriffen sind und es auch bereits krankhafte Veränderungen im Blut und den Blutgefäßen gibt. Diese Folgen von Covid-19 treten bereits vor dem Auftreten deutlicherer schwerer Symptome wie Atemnot oder einer Lungenenzündung auf.

Spezifische Marker im Blut warnen vor schweren Verläufen

Wenn bei einem Patienten also veränderte Urin-Werte festgestellt werden, ist es relativ leicht, vorherzusagen, ob diesem ein schwerer Covid-19- Verlauf bevorsteht. Dafür muss lediglich der Gehalt von Albumin im Blut und im Urin sowie die Konzentration des Blutproteins Antithrombin III festgestellt werden. Letzteres ist ein wichtiger Antagonist für Thrombosen und andere Blutgerinnsel.

Ist auch nur einer von drei Parametern schwer verändert, besteht ein hohes Risiko, dass sich die Erkrankten auf Normalstation zeitnah verschlechtern, auf die Intensivstation verlegt werden müssen oder sich der Verlauf auf Intensivstation noch verschlechtert„, erklärt Gross.

Hinter den beiden Werten stehen zwei Krankheitsmechanismen, die mit Covid-19 in schweren Verläufen in Verbindung gebracht werden. Albumin-Mangel im Blut deutet auf das Capillary-Leak-Syndrom hin, bei dem Bluteiweiße und Flüssigkeit durch löchrige Gefäßwände in die Lunge und andere Organe einsickern. Dies führt zu Flüssigkeitsansammlungen, die mit Entwässerungsmedikamenten bekämpft werden müssen.

Wenn ein Patient einen Mangel an Antithrombin III im Blut hat, ist seine Blutgerinnung erhöht und er gilt als Risikopatient für Thrombosen und Lungenembolien. Solchen Patienten sollten Blutverdünnungsmittel gegeben werden.

Frühzeitige Erkennung ermöglicht schnelle Therapie

Gross und sein Team sind überzeugt, dass Urintests im Frühstadium der Covid-19-Erkrankung dazu beitragen können, schwere Verläufe und Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. So könnten lebensbedrohliche Verläufe besser verhindert werden. Hinzu kommt, dass ein derartiger Urintest mit vergleichsweise wenig Aufwand durchgeführt werden und so auch in Pflegeheimen oder bei Patienten in häuslicher Quarantäne durchgeführt werden kann. So wäre eine rechtzeitige Warnung vor schweren Verläufen möglich.

Zudem könnten Patienten früher und zutreffender für spezielle Therapien zugeordnet werden. Durch das frühe Erkennen des Capillary-Leak-Syndroms könnten symptomatische präventive Therapien eingeleitet werden und so vielleicht sogar lebensbedrohliche Verläufe verhindert werden„, erläutert Simone Scheithauer, die an der Studie beteiligt war. Die Anwendbarkeit und Wirkung des Urintests wird aktuell in einer größeren Studie an mehreren deutschen Universitätskliniken untersucht.

via Universitätsklinikum Göttingen

1 Kommentar

  1. Andro Wegner

    14. Mai 2020 at 11:14

    Wissen ist Macht. Je besser man den systemischen Verlauf versteht, desto einfacher die Mittel, die einen Unterschied machen.

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