Ein international besetztes Forschungsteam konnte bei Experimenten mit Mäusen einen wichtigen Durchbruch erzielen: Es gelang ihnen, älteren Tieren zumindest einen Teil der Sehfähigkeit zurückzugeben. Möglich wurde dies nicht durch einen operativen Eingriff, sondern durch die gezielte Aktivierung von grundsätzlich bereits vorhandenen Fähigkeiten. Dahinter steht das Konzept der epigenetischen Uhr. Vereinfacht ausgedrückt, wird dabei davon ausgegangen, dass auf der DNA bestimmte epigenetische Muster existieren. Diese wiederum regulieren die Aktivität bestimmter Gene. Im Laufe der Zeit kommt es dabei zu Veränderungen. Denn je nach Lebensalter werden unterschiedliche Fähigkeiten benötigt – folgerichtig müssen auch verschiedene Gene aktiviert werden. Analysiert man also die epigenetische Struktur auf der DNA eines Organismus, lässt sich dessen Alter bestimmen. Den Forschern in den USA ist es nun gelungen, gezielt in diesen Prozess einzugreifen. Die Umprogrammierung führte zu sichtbaren Ergebnissen Der Hintergrund: Die grundsätzlichen Fähigkeiten gehen im Alter nicht verloren. Vielmehr bleibt die verantwortliche Information auch weiterhin in den Genen verankert. Sie wird nur irgendwann nicht mehr abgerufen. Im Fall der Mäuse ist es beispielsweise so, dass die Sehnervenzellen über sogenannte Axone mit dem Gehirn der Tiere verbunden sind. Kommt es hier zu eine Beschädigung, sind junge Tiere in der Lage, die Verbindung zu regenerieren. Bei älteren Mäusen ist dies hingegen nicht der Fall: Sie erblinden. Durch die gezielte Gabe von Proteinen, die bestimmte Gene ein- und ausschalten können, ist es den Forschern aber gelungen, dass epigenetische Muster der älteren Tiere wieder zu verjüngen. Tatsächlich konnten die zuvor erblindeten Mäuse wieder auf optische Reize reagieren und sich anhand von Mustern orientieren. Offensichtlich haben die Tiere also die Fähigkeit zur Regeneration beschädigter Axone zurückerlangt. Oder etwas anders ausgedrückt: Ihr genetisches Muster hat sich wieder verjüngt. Auch Gehirne ließen sich theoretisch wieder verjüngen Die Ergebnisse der Studie könnten gleich zwei bahnbrechende Auswirkungen haben. Die erste liegt auf der Hand: Wenn etwas ähnliches auch bei Menschen gelänge, könnten viele Patienten ihr Augenlicht zurückerhalten. Gleichzeitig denken die Forscher aber auch schon einen Schritt weiter. Denn das grundlegende Konzept lässt sich natürlich nicht nur bei den Axonen anwenden. Vielmehr wäre es so theoretisch auch möglich, gealterte und geschädigte Gehirne wieder in eine bessere Verfassung zu bringen. Damit ergäben sich dann bei einer ganzen Reihe von Erkrankungen neue Behandlungsmöglichkeiten. Unabhängige Experten loben die hohe Qualität der durchgeführten Studie, warnen aber vor zu viel Euphorie. Zum einen handelt es sich noch um Grundlagenforschung. Der Weg zu konkreten Behandlungen beim Menschen ist also noch weit. Hinzu kommt: Solche Veränderungen müssen extrem zielgenau durchgeführt werden. Andernfalls kann die Methode zu Krebserkrankungen führen. Via: Der Standard Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
Ohne Brillen oder Kontaktlinsen: So soll Kurzsichtigkeit schon in jungem Alter unter Kontrolle gebracht werden