Eine dünne Folie, die solare Wärme tankt und dennoch kalt bleibt, soll künftig Scheiben enteisen. Die Wärme wird durch einen kurzen Hitzeimpuls frei.


Was hat man nicht alles versucht, um Frontscheiben von Autos schnell zu enteisen. Da gab es Wärmespeicher, die sehr schnell warme Luft auf das Glas pusteten, Sprays, die das Eis schmelzen ließen und die Standheizung. Nichts hat sich allgemein durchgesetzt. Viele Menschen fahren immer noch mit minimaler Sicht, ehe die ganz normale Heizung für eine klare Scheibe sorgt.

Licht wirft die Molekülstrukturen durcheinander

Wissenschaftlern am Massachusetts Institute of Technology (MIT) im amerikanischen Cambridge haben jetzt die Lösung gefunden. Gesponsert vom Münchner Autohersteller BMW, entwickelten sie eine hauchdünne Folie, die die Wärmestrahlen der Sonne speichert, ohne sich selbst zu erwärmen. Die Lichtteilchen zerstören die Ordnung der Moleküle in der Kunststofffolie. Ein Wärme- oder Schallimpuls regt sie an, ihre angestammten Positionen wieder einzunehmen. Dabei gibt sie die zuvor chemophysikalisch gespeicherte Wärme ab. Die Folie könnte in Sicherheitsglas integriert werden. Dieses besteht aus zwei Scheiben, zwischen denen sich heute bereits Folien befinden können, die Infrarotstrahlen reflektieren. Das klappt auch mit der Folie aus Cambridge, denn sie ist weitaus dünner als ein Millimeter.


Wärme auf Knopfdruck

Der Werkstoffexperte Jeffrey Grossman, Professor am MIT, und seine Mitarbeiter David Zhitomirsky und Eugene Cho haben die Folie entwickelt. Dabei hatten sie ein ganz anderes Ziel vor Augen: Ein Solarkocher, dessen gespeicherte Wärme sich gewissermaßen auf Knopfdruck abrufen lässt, etwa um nach Sonnenuntergang das Abendessen zu kochen. Dieser Kocher sollte die Wärme auf kaltem Weg speichern, um voluminöse Isolationsschichten einzusparen, wie sie nötig sind, um etwa das Auskühlen von heißem Wasser zu verhindern.

Bei ihren Arbeiten stellten die Forscher fest, dass das Phänomen bei Folien aus bestimmten Kunststoffen ebenfalls auftritt. Sie bestehen aus drei unterschiedlich aufgebauten Schichten und funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie Wärmekissen, die beispielsweise Skifahrer nutzen. Diese sind mit einer Flüssigkeit gefüllt, die zu erstarren beginnt, wenn man ein eingebautes Stahlblech betätigt. Das macht ein Geräusch wie ein Knackfrosch. Beim Erstarren geben die Moleküle Wärme ab. Wirft man das nach einiger Zeit harte und kalte Kissen in heißes Wasser, verflüssigt sich der Inhalt wieder. Es ist erneut einsatzbereit.

Kleidung soll solare Wärme speichern

Die MIT-Forscher sind die ersten, die diesen mit der Speicherung und Abgabe von Wärme verbundenen Prozess in einem Festkörper realisiert haben. Bei den bisher genutzten Werkstoffen wechselte bei diesem Prozess die Phase: Von flüssig zu fest und wieder zurück. Grossman glaubt, dass seine Folie auch auf Kleidungsstücke geklebt werden kann. Die müsste man dann in die Sonne hängen, damit sie sich mit Wärme vollpumpen. Wenn man dann friert kann man sie gezielt abrufen.

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