Dass der Klimawandel auch an Deutschland nicht spurlos vorbeigeht, sollte spätestens seit der Flutkatastrophe im Ahrgebiet jedem klar sein. Aber die Veränderungen, die zu erwarten sind, sind nicht immer so offensichtlich. Beispiel gefällig? Eigentlich ist Deutschland ein wasserreiches Land. Durch den Klimawandel ist aber auch hierzulande ein sinkender Grundwasserspiegel durchaus im Bereich des Wahrscheinlichen. Vor allem in Nord- und Ostdeutschland wird die Wasserverfügbarkeit im Boden durch die globale Erwärmung abnehmen, so eine Studie. Langfristig wird der Wasserverlust durch steigende Verdunstung nicht mehr durch Niederschläge ausgeglichen werden können. Auch Mitteleuropa ist nicht sicher vor Wassermangel Die Erkenntnis, dass der Klimawandel sich auch auf die Wasserressourcen auswirkt, ist weder neu noch sonderlich überraschend. Betroffen sind – wie so oft – vor allem Regionen, die klimatechnisch sowieso schon vor Herausforderungen wegen Trockenheit stehen. Vermehrte Hitze und Dürren lassen die Menge an Niederschlag abnehmen, weshalb es an Nachschub für Gewässer und Grundwasservorräte fehlt. Außerdem steigt durch die Erwärmung der Grad der Verdunstung, was dazu führt, dass Landflächen und Vegetation bereits heute zehn Prozent mehr Wasser pro Jahr verlieren als im Jahr 2003. Aber auch im eigentlich recht regenreichen Mitteleuropa kann Wasser knapp werden – das haben spätestens die trockenen und heißen Sommer der Jahre 2018 bis 2020 gezeigt. Und mit fortschreitender Erderwärmung werden derartige Extreme immer häufiger werden. Gleichzeitig werden aber im Winter die Niederschläge deutlich zunehmen. Allerdings besteht Unklarheit hinsichtlich der Frage, welche dieser Effekte überwiegen wird. ForscherInnen rund um Andreas Wunsch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sind dieser Frage mittels eines lernfähigen KI-Systems nachgegangen. Drei Klimamodelle als Ausgangspunkt Dabei nutzten die WissenschaftlerInnen ein neuronales Netzwerk, mit dem sie Grundwasser-Messwerte von insgesamt 118 Standorten in Deutschland in Bezug mit Wetterdaten zu setzen. Dann erstellten sie mit der KI für jeden einzelnen Standort Prognosemodelle, mit deren Hilfe sie den Grundwasserspiegel in drei verschiedenen IPCC-Klimaszenarien bis 2100 prognostizierten. Dabei bezog sich das Team auf das jeweils oberste Aquifer, da dieses ausschlaggebend für die Wasserversorgung ist. Im günstigsten Klimaszenario RCP2.6 wird von einer schnellen Intervention mit effektiven Klimaschutzmaßnahmen und einer Erderwärmung von unter zwei Grad gegenüber den Werten vor der industriellen Revolution ausgegangen. Das RCP4.5-Szenario prognostiziert eine Erwärmung von 2,6 Grad, das RCP8.5-Szenario wiederum geht von einer ungebremsten Erwärmung um bis zu fünf Grad aus. Relevant ist dabei vor allem das letzte, drastischste Szenario, da dieses am ehesten unserem aktuellen Pfad entspricht. Wassermangel in jedem Fall Die Berechnungen der KI kamen zu dem Schluss, dass der Grundwasserspiegel und damit die Wasserversorgung in Deutschland in allen drei Szenarien sinken würde. Steigende Regenfälle im Winter würden dabei nicht ausreichen, um den Grundwasserspiegel zu stabilisieren. „Selbst für RCP2.6 haben wir in allen untersuchten Quantilen und in ganz Deutschland Abnahmen des Grundwasserspiegels gefunden.Wir müssen demnach selbst dann mit einer Veränderung der Wasserverfügbarkeit rechnen, wenn wir die globale Erwärmung auf unter zwei Grad begrenzen„, so die ForscherInnen. Vor allem Nord- und Ostdeutschland betroffen Wenn der Klimawandel wie bisher fortschreitet, also das Szenario RCP8.5 eintritt, wird der Grundwasserspiegel den Berechnungen zufolge um 10 bis 60 Zentimeter sinken. „Das erscheint wenig, aber schon ein Absinken um wenige Zentimeter kann je nach Standort und Projektion für Pflanzen in trockenen, heißen Perioden entscheidend sein„, so das Team. Die Folge wären Ernteausfälle und Versorgungsprobleme. Und auch der Füllstand von Gewässern kann in manchen Gegenden durch ein geringes Absenken der Grundwasserspiegel beeinflusst werden. Das gilt etwa in Norddeutschland. Schon ein Absinken um zehn Zentimeter kann dort kritisch für die Gewässer sein. Generell ist die Auswirkung des Klimawandels auf das Grundwasser in Deutschland ungleich verteilt. „Besonders sichtbar sind die zukünftigen negativen Auswirkungen in Nord- und Ostdeutschland, wo es bereits heute entsprechende Entwicklungen gibt„, so Koautor Stefan Broda von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Die Ergebnisse legen nahe, dass auch Deutschland sich auf Veränderungen im Bereich Wasserversorgung einstellen muss. Das gilt vor allem deshalb, weil die Studie der ForscherInnen lediglich die klimatische Situation berücksichtigt und anthropogene Faktoren wie etwa eine steigende Wasserentnahme außer Acht lässt. „Der Grundwasserspiegel wird daher unweigerlich noch weiter absinken, wenn keine aktiven Maßnahmen wie eine Begrenzung der Entnahme, eine Vermeidung der Bewässerung oder die vermehrte Zufuhr durch Versickerung umgesetzt werden„, warnen die ForscherInnen. via Karlsruher Institut für Technologie Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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