Der Wechsel zwischen Ebbe und Flut ist ein regelmäßig wiederkehrendes Naturphänomen, bei dem gewaltige Kräfte freigesetzt werden. Das Schauspiel hat zudem die Phantasie vieler Wissenschaftler beflügelt: Gelingt es die Energie des Meeres für die Stromerzeugung zu nutzen, erhält man eine nachhaltige und gut planbare Alternative zu fossilen Energieträgern. Die Umsetzung in der Praxis erweist sich aber als schwierig. Denn die Kraft des Wassers treibt nicht nur Turbinen an, sondern kann auch das sonst zur Stromerzeugung benötigte Equipment zerstören. Erst kürzlich musste daher das Unternehmen OpenHydro die Zahlungsunfähigkeit vermelden. Bei einer von der Firma installierten Turbine vor der Küste Kanadas war Wasser in das Umspann- und Kontrollzentrum eingedrungen. Die Bergungs- und Reparaturarbeiten erwiesen sich zudem als komplizierter als erwartet. Letztlich drehte der Mutterkonzern dann den Geldhahn zu.


Die Wartungsarbeiten verliefen auch im Winter problemlos

Anders sieht dies bei der Firma Scotrenewables aus. Die Ingenieure dort haben vor der Küste Schottlands eine Gezeitenturbine im Meer versenkt. Diese war nun ein Jahr lang in Betrieb und hat tatsächlich eine nicht unerhebliche Menge an Strom produziert. So konnten immerhin 3.000 Megawattstunden ins Netz eingespeist werden. Dies wäre genug, um rund 830 Haushalte auf den Orkney-Inseln zu versorgen. Allerdings musste die Turbine während dieser Zeit regelmäßig gewartet werden – was zusätzliche Kosten verursacht. Die Betreiber verwiesen aber zumindest darauf, dass die Stelle so günstig gelegen war, dass sie auch im Winter problemlos mit dem Schiff erreicht werden konnte. Die Wartungsarbeiten sorgten zudem dafür, dass nur geringe Ausfallzeiten zu verzeichnen waren. Alles in allem ist der Test vor der Küste Schottlands also als Erfolg zu bezeichnen.


Das Meygen-Projekt stellt die nächste Stufe der Entwicklung dar

Insgesamt wird das Potential von Gezeitenkraftwerken auf 1.500 Terawattstunden pro Jahr geschätzt – wovon rund zehn Prozent in Europa erzeugt werden könnten. Als besonders geeignet gilt die Meerenge zwischen den Orkney Inseln und dem schottischen Festland. Der Pentland Firth wird sogar als „Saudi-Arabien der Gezeitenkraft“ bezeichnet. Dort wird unter dem Namen Meygen-Projekt das größte Gezeitenkraftwerk der Welt installiert. Aktuell liegt die Kapazität bei sechs Megawatt. Geplant ist später aber einmal eine Leistungsstärke von 398 Megawatt. Wie oftmals bei noch sehr neuen Technologien ist auf dem Weg dorthin aber noch mit dem einen oder anderen Rückschlag zu rechnen. Dennoch ist es wichtig, dass auch nach der Pleite von OpenHydro weiter auf diesem Gebiet geforscht wird.

Via: Scottrenewables

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