Lagerbier, zu dem auch das hopfigere Pilsener steht, gehört weltweit zu den beliebtesten Biersorten. Tatsächlich dominieren Lager den Biermarkt: Mehr als 90 Prozent aller auf dem Markt erhältlichen Biersorten gehört zu den Lagerbieren. Der Name beruht auf das Herstellungsverfahren bei niedrigen Temperaturen in Kombination mit ihrer Lagerfähigkeit. Der Geschmack der Biere stammt aus den verwendeten Zutaten, dem Brauprozess sowie der verwendeten Hefe. Hier setzt nun Arbeit eines Teams von Genetiker:innen an: Sie kreuzten eine wilde Hefeart aus Patagonien mit herkömmlicher Brauhefe und erschufen so neue Hefesorten mit anderen genetischen Eigenschaften. Sie produzieren mehr Alkohol und bringen andere Aromen ins Bier.


Alle Lager beruhen auf zwei HEfesorten

In der Produktion von Lagerbieren kommen weltweit zwei Hefearten zum Einsatz, was die Bandbreite verfügbarer Aromen deutlich begrenzt. Neue Hefesorten würden frischen Wind in den Biermarkt bringen. An dieser Stelle setzt ein Team rund um Jennifer Molinet von der Universität in Santiago de Chile an: Die Forscher:innen entwickelten neue Hefearten. Dabei kam die gleiche Technik zum Einsatz, die auch bei den beiden Lagerbierhefen verwendet wird. Diese beiden Arten entstanden vor Jahrhunderten, indem die klassische Brauhefe (Saccharomyces cerevisiae) mit einer wilden Hefeart namens Saccharomyces eubayanus gekreuzt wurde. Wildhefen kommen vor allem in den Bergen Patagoniens sowie in Irland vor. Sie sind resistent gegen Kälte, weshalb sie für den Einsatz in Brauereien geradezu prädestiniert sind.


Die Forscher:innen züchteten mehrere Hybridhefen aus drei Brauhefen und drei Wildhefen aus Chile. Diese Hefen verwendeten sie dann, um Lagerbiere mit neuen Geschmacksrichtungen zu produzieren, die sie dann mit klassischen Lagerbieren verglichen. Dann analysierte das Team das Erbgut der neu entstandenen Hefearten und die molekulare Zusammensetzung der Biere.

Neuartiges Aromaprofil für Biere

In den Analysen stellte sich heraus, dass die neuartigen Hefen mehrere Mutationen in ihren Genen aufwiesen, die sie von den ursprünglichen Hefen unterschieden. Sie können die beiden Zuckerarten Maltose und Maltotriose besser verstoffwechseln und so mehr Alkohol herstellen. Außerdem produzieren sie einzigartige, neue Geschmackskombinationen. So stellen die Hybridhefen etwa mehr Ester mit einer süßlichen Note sowie Moleküle mit nelkenartigem Geschmack her. Außerdem fanden sich in den experimentellen Lagerbieren Phenole, die sonst nur in Ales und Weizenbieren vorhanden sind. Dafür produzierten die Hefen weniger Zitrusaromen.

Unterm Strich ergab sich bei den experimentellen Bieren ein würzigeres Aromaprofil, was auch auf die Mitochondrien der neuen Hefen zurückzuführen ist. Diese Zellorganellen sind für den Stoffwechsel von Zellen zuständig und bestimmen unter anderem, welche molekularen Produkte die Hefezelle erzeugt. Die Hybridhefen erbten die Mitochondrien der wilden Hefen, weshalb sie gut für die Bierproduktion geeignet sind und zu einem anderen Geschmacksprofil führen.

Mehr Vielfalt auf dem Biermarkt

Die Erkenntnisse der Forscher:innen sind vor allem auch deshalb interessant, weil sie auch auf andere wilden Hefesorten übertragbar sind. So kann eine große Menge „frisches“ Erbmaterial in die Züchtung industrieller Hefearten für die Produktion von Bier eingeführt werden. Das Ergebnis wären deutlich vielfältigere Biersorten mit mehr Aromen. Die Hefen, die von Molinet und ihrem Team hergestellt wurden, wären theoretisch bereits jetzt für die Bierproduktion geeignet.

Wir haben das Repertoire an Industriehefen erweitert, die für das Bierbrauen zur Verfügung stehen. Wir hoffen, dass die neuartigen Lagerhefen in Betracht gezogen werden, um das derzeitige Portfolio an weltweit erhältlichen Bieren zu diversifizieren„, schreiben die Forscher:innen.

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