Frankreich hat traditionell die Führungsrolle in der europäischen Raumfahrt inne. Dies hat zum Teil rein geografische Gründe. Denn Starts von großen Weltraumraketen lassen sich besonders gut in der Nähe des Äquators realisieren. Der europäische Weltraumbahnhof befindet sich daher im französischen Überseegebiet Französisch-Guyana. Verantwortlich für die französische Vormachtstellung sind aber auch noch zwei andere Aspekte. Zum einen nimmt das Land schlicht mehr Geld in die Hand als die meisten anderen europäischen Staaten. Das französische Raumfahrt-Budget liegt beispielsweise fast doppelt so hoch wie die in Deutschland bereitgestellten Gelder. Zum anderen ist es Frankreich gelungen, auf europäischer Ebene wichtige Posten mit Landsleuten zu besetzen. Die Bundesregierung hingegen hatte an dem Thema zunächst nur wenig Interesse und gestand Frankreich lange Zeit einiges an Handlungsspielraum zu. Bild: Isar Aerospace Bisher dominieren französische Konzerne den Markt Doch inzwischen scheint es hier zu einem Sinneswandel gekommen zu sein. Immer öfter vertritt Deutschland in Sachen Raumfahrt jetzt auch vehement eigene Positionen – und nimmt Konflikte mit Frankreich in Kauf. Befördert werden diese Konflikte durch eine unterschiedliche Herangehensweise. Frankreich befürwortet traditionell etablierte Konzerne mit einem möglichst hohen Staatseinfluss und einer dominierenden Marktstellung. Als Vorbild dient dabei etwa der Flugzeugbauer Airbus. Folgerichtig haben sich französische Firmen in Sachen europäischer Raumfahrt eine Vormachtstellung erarbeitet. In Deutschland hingegen hat sich in den letzten Jahren eine lebendige Szene an Raumfahrt-Startups etabliert. Dementsprechend würde sich die Bundesregierung mehr Wettbewerb wünschen, um auch den neuen Marktteilnehmern eine faire Chance zu geben. Bisher allerdings spielt Frankreich hier noch seine über die Jahre erarbeiteten Vorteile aus. Einige Ausschreibungen werfen Fragen auf Zwei Beispiele, die dies zu belegen scheinen: 1. Für den Aufbau eines europäischen Netzes an Internet-Satelliten ist unter anderem der französische Binnenmarktkommissars Thierry Breton zuständig. Dieser setzte durch, dass sich nur Unternehmen an der Ausschreibung beteiligen dürfen, die bereits fünf staatliche Satellitenprojekte im Wert von 100 Millionen Euro realisiert haben. Viele der deutschen Startups erfüllen diese Vorgabe (noch) nicht. 2. Mit dem System Galileo verfügt die EU auch über eigene Navigationssatelliten. Bei der Ausschreibung für die Entwicklung der zweiten Generation gab es allerdings eine Überraschung: Die neuen Satelliten sollten statt bisher rund 700 Kilogramm plötzlich mehr als zwei Tonnen wiegen. Viele technische Spielereien würden den Preis zudem um rund das zehnfache steigen lassen. Beides erscheint eher ungewöhnlich. Denn eigentlich werden Satelliten aktuell immer kleiner und preiswerter. Auch hier liegt der Verdacht nahe, dass etablierte Konzerne bevorzugt werden sollen. Die deutsche Startup-Szene will selbst aktiv werden In der Vergangenheit blieben solche und ähnliche Manöver in der Regel ohne großen Widerspruch. Die Bundesregierung nutzte das Thema lediglich, um Zugeständnisse in anderen Bereichen auszuhandeln. Inzwischen allerdings hat auch die deutsche Politik die Raumfahrtbranche als Schlüsseltechnologie identifiziert. Auf europäischer Ebene kommt es daher immer öfter zu Konflikten zwischen den beiden Nachbarländern. Noch ist Frankreich hier im Vorteil. Bei den oben erwähnten Ausschreibungen wurden etwa schlicht Tatsachen geschaffen, die sich dann auch durch den deutschen Widerspruch nicht mehr ändern ließen. Verhindern könnte die deutsche Politik dies nur, wenn sie zukünftig ebenfalls viel Zeit und Mühe investiert, um entsprechende Schlüsselpositionen zu besetzen. Eventuell schreiten die Startups aber auch schlicht selbst zur Tat. So wird über den Aufbau eines eigenen Netzes an Internetsatelliten diskutiert – mit Daimler und Volkswagen als gewichtigen Kunden aus der Industrie. Außerdem gibt es Pläne zum Bau eines eigenen Weltraumbahnhofs für kleine Raketen. Via: Wiwo Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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