Die Kommission der Europäischen Union hat den European Chips Act vorgestellt. Dieser soll die Rahmenbedingungen schaffen, mit denen innerhalb der EU ein konkurrenzfähiger Halbleitermarkt entstehen soll. Der Gesetzesentwurf sieht einen Investitionsrahmen von 43 Milliarden Euro bis 2030 vor und etabliert neue Spielregeln innerhalb der EU, mit denen der europäische Anteil der globalen Halbleiterfertigung bis 2030 verdoppelt werden soll – von 10 auf 20 Prozent.


Schwächen und Stärken des europäischen Halbleitermarkts

In den Augen der EU-Kommission liegen die Schwächen des Halbleitermarkts in der EU vor allem an fehlenden modernen Halbleiterwerken und Packaging-Anlagen. In Sachen Forschung ist die EU indes vorne mit dabei. So punktet etwa der niederländische Ausrüster ASML mit der Herstellung der weltweit einzigen Belichtungsmaschinen mit extrem-ultravioletter-Technik.


Die identifizierten Schwächen möchte die Kommission in den nächsten Jahren ausbessern, während die Stärken weiter ausgebaut werden sollen. Von dem Investitionsrahmen fließen 11 Milliarden Euro in die Forschungs-, Entwurfs- und Fertigungskapazitäten. Außerdem wird ein „Chip-Fonds“ entstehen, der über ein Kapital von 2 Milliarden Euro verfügt, das in Start-ups, Scale-ups und andere Unternehmen der Lieferkette investiert werden kann. Mit den Investitionen sollen bisherige Projekte wie etwa das „Important Project of Common European Interest“ (IPCEI Mikroelektronik II), die zur Förderung der europäischen Halbleiterindustrie eingerichtet wurden.

Mehr Investitionsmöglichkeiten für Mitgliedsstaaten

Die Kommission möchte außerdem die Zügel lockern, wenn es um Investitionen in den Halbleitermarkt geht. Insbesondere für den Bau neuer Halbleiterwerke mit neuen Fertigungsverfahren sollen fortan größere Investitionen möglich sein. In bestimmten Fällen könne es gerechtfertigt sein, eine nachgewiesene Finanzierungslücke bis zu 100 Prozent mit öffentlichen Mitteln zu decken, so die EU-Kommission in einer Mitteilung. Dabei müssen die entstehenden Halbleiterwerke aber über dem aktuellen technischen Stand innerhalb der Union liegen, um die Auswirkungen auf den Handel und den Wettbewerb zu rechtfertigen.

Beispielhaft werden neue Fertigungsgenerationen sowie der Einsatz neuer Materialien wie etwa Siliziumkarbid oder Galliumnitrid angeführt. In der EU sollen zukünftig modernste Fertigungsverfahren mit 2-Nanometer-Strukturen und feiner mit besseren Prozessen und stromsparenden Transistoren vereint werden.

Es ist außerdem die Einrichtung einer europäischen Entwicklungsplattform mit Designtools entstehen, die EU-weit verfügbar ist. Solche Tools sind in den USA bereits etabliert und haben sich bewährt.

Expertengruppe und weite Eingriffsmöglichkeiten sollen den Markt stabilisieren

Der Gesetzesentwurf wartet nun noch auf die Zustimmung durch das Europäische Parlament sowie die Mitgliedsstaaten. Bis dahin empfiehlt die Kommission die Einrichtung einer „europäischen Expertengruppe für Halbleiter“. Diese soll mit der Verabschiedung des European Chips Act dann in das Europäische Halbleitergremium aufgehen. In diesem Gremium (und vorher in der Expertengruppe) soll die aktuelle Lage des weltweiten Chipmangels ausgewertet werden. In Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedsstaaten können dann Maßnahmen zur Besserung der Situation ausgearbeitet werden.

Der Gesetzesentwurf sieht auch in Ausnahmefällen die Verteilung von Zwangsaufträgen an Chiphersteller mit Sitz in der EU vor. Wenn es bei bestimmten Halbleiterbauelementen einen akuten Mangel gibt, soll der Produktion dieser Elemente Priorität eingeräumt werden, auch wenn dafür andere Lieferaufträge vernachlässigt werden müssen.

Mit den Maßnahmen will die EU-Kommission auf den globalen Chipmangel reagieren, unter dem die Industrie leidet.

via EU-Kommission

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