Was bei uns kaum Vorstellbar ist wurde in Japan gerade Realität. Eine „Fat Tax“ für übergewichtige Japaner. Japaner mit Übergewicht werden jetzt schnell abnehmen müssen oder mehr Steuern bzw. Abgaben für das Gesundheitssystem bezahlen, als Japaner mit Normalgewicht. Auch wenn Japan nicht gerade dafür bekannt ist eine zunehmend übergewichtige Bevölkerung zu haben wird jetzt abgespeckt – und das auf Beschluss des Parlaments. Es ist die weltweit ambitionierteste Kampagne gegen Übergewicht. Auch in den USA wird der Ruf nach einer Fat Tax immer lauter. Wie lange wird es dauern, bis auch Übergewichtige bei uns in Europa eine Fett-Steuer für ihre überflüssigen Kilos zahlen müssen? Wie von der Stadt Amagasaki angeordnet stellen sich Bewohner der Stadt an, um ihren Taillenumfang messen zu lassen. Unter ihnen findet sich auch der 45 jährige Besitzer eines Blumenladens – Minoru Nogiri. Ohne sichtbaren Bauch scheint er wohl kaum Gefahr zu laufen, als übergewichtig eingeordnet zu werden. Doch er selbst denkt, nachdem er sich selbst zu Hause vorsichtshalber gemessen hat, dass er „an der Grenze“ ist. Viele nennen als einen der Haupt-Gründe für die zunehmende Fettleibigkeit in Japan die Fast-Food Ketten welche Menüs mit viel mehr Kalorien verkaufen, als die Japaner von traditionellen japanischen Mahlzeiten gewöhnt sind. Seit dem Inkrafttreten eines nationalen Gesetzes müssen alle Unternehmen und Lokalregierungen die 40 bis 74 Jährigen an der Taille messen – das betrifft 56 Millionen Japaner. Mit 85cm für Männer und 90cm für Frauen ist Grenze für den Taillenumfang, über der man als übergewichtig gilt, laut Meinung vieler sehr knapp bemessen. Denn gerade die Richtlinie für Männer erklärt mehr als die Hälfte eben jener für Übergewichtig. Der Bürgermeister einer Stadt in der Präfektur Mie wurde sogar so von der Anti-Übergewicht-Kampagne mitgerissen, dass er und sechs andere Mitglieder der Stadtverwaltung eine Abspeckgruppe gründeten. Mit den „Sieben Metabo Samurai“ war es aber schnell vorbei, als ein 47 Jahre altes Mitglied der Gruppe – mit einem Taillenumfang von 100cm – aufgrund eines Herzanfalles während des Joggens starb. Die Kampagne selbst startete vor einigen Jahren, als das Gesundheitsministerium begann auf eine Krankheit aufmerksam zu machen, von der viele Japaner zuvor noch nie gehört hatten – Metabolismus. Eine Krankheit, die das Risiko von Gefäßerkrankungen und Diabetes steigert, unter anderem durch erhöhten Blutdruck, erhöhten Blutzucker- und Cholesterinspiegel. Bei uns besser bekannt unter dem Namen Fettleibigkeit. Innerhalb kürzester Zeit wurde der furchterregende in einen freundlicheren Terminus gewandelt. Metabo ist nun die in Japan übliche Kurzform für Übergewicht. „Früher mussten wir den Umstand mit dem Wort Fettleibigkeit beschreiben, was ein sehr negatives Bild vermittelt. Metabo klingt aber viel angenehmer.“, meint Dr.Sakamoto, ein Mediziner einer Krankenversicherungsgewerkschaft bei Panasonic. „Niemand will als Metabo ausgeschlossen werden.“, stellt die Betriebskrankenschwester Kimiko Shigeno fest. „Es wird denselben Effekt haben, wie die Anti-Raucher-Kampagne, seit der Raucher missbilligend angesehen werden.“ Durch das Gesetz muss Panasonic nicht nur die Angestellten, sondern auch ihre Familien und Angehörigen einer Taillenmessung unterziehen. Als Teil der verstärkten Bemühungen, die das Unternehmen betreibt, verteilt Panasonic den Mitarbeitern „Metabo Test“-Handtücher, die zusätzlich als Maßband dienen. Die benötigte Diät kann dann gleich begonnen werden. In den nächsten vier Jahren soll die Anzahl der Übergewichtigen um zehn Prozent, in den nächsten sieben Jahren um ein Viertel verringert werden. Und die Regierung meint es ernst. Unternehmen und Lokalregierungen müssen hohe Strafen in Kauf nehmen, falls sie die Ziele nicht einhalten können. NEC, Japans größter Computerhersteller, müsste beispielsweise bei einem nichteinhalten der nationalen Ziele mit Strafen in Höhe von 19 Millionen Dollar rechnen. Metabos, die nicht innerhalb von drei Monaten nach der Messung abnehmen, bekommen ein Diätprogramm aufgebrummt. Sollte es dennoch nötig sein, müssen sie nach weiteren sechs Monaten an einer Umerziehung teilnehmen. Auch Herr Nogiri, der Blumenhändler, reiht sich in den Reigen der zum abnehmen Bestimmten ein. Als dieser an die Reihe kommt, stellt er sich in eine Kabine und entblößt seine kaum bemerkbaren Fettpölsterchen. Eine Krankenschwester legt ein Maßband um seinen Bauch und Herr Nogiris Befürchtungen werden wahr – sein Taillenumfang beträgt 85,5cm. „Das war‘s für mich!“, sagt er, während sich die Niederlage in seinem Gesicht wiederspiegelt. Dr. Minoru Yamakado, ein Vertreter einer Ärztevereinigung, befürwortet die Kampagne der Regierung in ihrem Augenmerk auf präventive Medizin. Doch sagt er auch, dass die Regierung ihre Aufmerksamkeit der Verminderung des Raucheranteils widmen sollte. Japan habe nämlich aufgrund seiner machtvollen Tabbaklobby unter den entwickelten Ländern den höchsten Anteil an Rauchern in der Bevölkerung. „Rauchen ist sogar einer der Gründe für Metabolismus. Wenn man also um Metabos besorgt ist, dann sollte man sich als Erstes darum kümmern, die Leute vom Rauchen abzuhalten.“ Trotz Kritik aus der Bevölkerung. Japan kämpft weiter entschlossen seinen Kampf gegen die Fettleibigkeit. Video: Fat-Tax gegen übergewichtige Japaner: Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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