Glas hat ein paar besondere Eigenschaften. Es erscheint fest und hart, ähnlich wie ein Kristall. In Wahrheit handelt es sich aber eher um eine Flüssigkeit. Die Atome und Moleküle in Glas sind nicht wie in einem Kristall in einer Gitterformation angeordnet, sondern bilden eine amorphe, ungeordnete, im Prinzip flüssige Masse. Forscher konnten diese Eigenschaft nun nutzen, um ein Glasmaterial zu entwickeln, das bei Raumtemperatur dehnbar und biegsam ist. Bild: Erkka Frankberg Fließendes Glas kann gedehnt werden Quarzglas oder metallische Gläser sind trotz ihrer an sich flüssigen Eigenschaften so stabil, dass ihre Fließen so gut wie unmessbar ist. In diesem Zustand ist Glas zwar leicht und hart, aber auch sehr spröde. Daher reicht wenig Druck, um das Material springen zu lassen – außer es wird durch Beschichtungen gehärtet. Aus diesem Grund suchen Forscher schon seit geraumer Zeit nach Glas, das auch bei Raumtemperaturen weniger empfindlich bezüglich Brüchen ist. So ein Material könnte ein Team rund um Erkka Frankenberg von der Universität Tampere nun gefunden haben. Die Forscher setzten eine besondere Methode ein, um dünne Filme aus Aluminiumoxid (Al2O3) so schnell runterzukühlen, dass sie nicht kristallisieren konnten. Das Ergebnis war eine amorphe Anordnung von Aluminium und Sauerstoffatomen – ein Glas. Das Material blieb selbst bei Raumtemperatur ungewöhnlich biegsam und dehnbar. Bei starkem Druck bricht das neu entwickelte Glas nicht, sondern gibt flexibel nach. Dabei fließen die Atome des Glases einfach aus dem Weg. Verdoppelung der Länge ist möglich Das neue Aluminiumoxid-Glas kann bei Raumtemperatur um bis zu 100 Prozent gedehnt werden. Im Ergebnis kann es also seine Länge verdoppeln, bevor es zu Rissen kommt. Auch Biegungen und starken Druck macht das Glas mit. „ Das belegt, dass amorphe Oxide bei Raumtemperatur weit biegsamer sind als man bisher angenommen hat„, so die Forscher. Gleichzeitig ist das Glas aber auch härter und leichter als Stahl. Dies eröffnet eine ganze Reihe Anwendungsgebiete, von der Verwendung in Smartphone-Displays bis hin zum Maschinenbau. Allerdings hat das Material noch ein Problem: Die Herstellung ist sehr kompliziert. Denn für gewöhnlich geht Aluminiumoxid nicht einfach in den amorphen Glaszustand über, sondern kristallisiert aus und bildet das Material Korund. „ Um die Kristallisation von Aluminiumoxid zu verhindern, bedarf es einer extrem hohen Abschreckrate„, erklären die Forscher. Dies konnte das Team nur durch eine Laserverdampfung erreichen, wobei das Oxid durch einen Laser verdampft und dann in einer Vakuumkammer als Dünnfilm wieder abgelagert wird. Diese Methode ist für eine Produktion im großen Stil jedoch zu aufwändig. Noch ist es also ein Problem, das Glas in ausreichender Menge fehlerfrei herzustellen. Dieses Problem muss gelöst werden, bevor das Material in kommerziellen Produkten eingesetzt werden kann. Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter