Der Mensch wird normalerweise mit zwei Armen geboren, auf deren Steuerung unser Gehirn ausgerichtet ist. Was wäre, wenn wir plötzlich einen dritten Arm hätten, in der virtuellen Realität oder physisch vor unserer Brust? Könnten wir den steuern, ohne dass andere Körperfunktionen davon beeinträchtigt werden? Dieser Frage gingen Wissenschaftler nach, die sich für die Leistungsfähigkeit unseres Nervensystems interessieren. Ihnen geht es nicht darum, einen Cyborg zu erschaffen, sondern medizinische Hilfsmittel zu entwickeln.


1,2,3 Arme: Kommen wir damit klar?

»Third-Arm Project« an der TH Lausanne

Die Studie fand an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFEL) statt, unter der Leitung von Silvestro Micera. Der Name: »Third-Arm Project«. Micera wollte das Gehirn herausfordern, »etwas völlig zu tun«, um zu eruieren, »ob es die Kapazität dazu hat«. Dafür entwickelte er mit seinem Team einen Roboterarm als dritten Arm für Menschen und ein digitales Programm, das einen solchen Arm simuliert. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Tests sind im Fachjournal »Science Robotics« nachzulesen. Wir fassen sie kurz zusammen, denn sicher wollt ihr wissen, ob es klappt.

Die neue Hand erhielt sechs Finger mit zwei Daumen

In virtueller Umgebung positionierten die Forscher den digitalen Arm an der Brust ihrer Probanden, genau zwischen dem rechten und dem linken Arm. Außerdem statteten sie die »neue« Hand symmetrisch mit sechs Fingern aus, an jeder Seite einen Daumen, um keine Präferenz zu einer Seite zu erzeugen. Mit VR-Brille sahen die Studienteilnehmer ihr neues Körperglied und konnten es über die Atmung steuern. Und, ja, sie konnten es wirklich! Nach einiger Übung erlangten sie vollkommene Kontrolle ohne gleichzeitige Funktionseinschränkung der echten Arme. Auch das flüssige Sprechen litt nicht unter der neuen Aufgabe des Gehirns.


61 Probanden absolvierten über 150 erfolgreiche Sitzungen

Anschließend kam der physische Arm ins Spiel. Er war weniger komplex, bestand nur aus einem ausfahrbaren Stab mit einem grünen Kreis an seinem Ende. Die Kontrolle erfolgte abermals übers Zwerchfell, und die Position war dieselbe wie beim digitalen Arm. Das Ausfahren des Stabs gelang nach kurzer Zeit problemlos ebenso wie verschiedene andere Funktionen. Dieser Test war ebenso erfolgreich wie der vorherige, das Gehirn akzeptierte den dritten Arm problemlos. 61 Probanden nahmen an mehr als 150 Sitzungen teil, das Ergebnis blieb immer dasselbe. Die Menschheit ist also bereit für ihren dritten Arm.

Quelle: derstandard.at

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