In einigen Bereichen gibt es noch gewaltige Unterschiede zwischen theoretischem Potenzial und tatsächlicher Ausbeute. Dies gilt auch für den weltweit zu erzeugenden Strom aus Meeresenergie. So schätzt die Internationale Energie Agentur (IAE), dass auf diese Weise jährlich rund 80.000 Terawattstunden an nachhaltigem Strom produziert werden können. Tatsächlich fehlt es bisher aber noch an entsprechenden Kraftwerken. So erzeugen Wellenkraftwerke bisher beispielsweise maximal Leistungen im dreistelligen Kilowattbereich. Nun aber soll zumindest der Sprung in den Megawatt-Bereich realisiert werden. Schauplatz dieser Innovation ist das Meer vor der Küste der schottischen Orkney-Inseln. Dort soll für insgesamt zwanzig Millionen Euro der weltweit erste Wellengenerator mit einer Leistung von einem Megawatt errichtet werden. Der Trick hier besteht darin, dass die Kraft des Meeres nicht direkt auf die Turbine einwirkt, sondern indirekt genutzt wird. Dadurch werden Beschädigungen, aufwändige Reparaturen und Wartungsarbeiten vermieden.


Bild: Waves1Mark Rasdall, Flickr, CC BY-SA 2.0

Angetrieben wird die Turbine durch ausströmende Luft

Die Kehrseite der Medaille ist, dass die Anlage deshalb gewaltige Ausmaße hat. So ist das Kraftwerk namens OE35 38 Meter breit, 18 Meter tief und 9,5 Meter hoch. Dies reicht für ein Gesamtgewicht von 826 Tonnen. Diese Ausmaße werden durch die spezielle Funktionsweise nötig. Denn das Wasser dringt nur in den unteren Bereich der Betonkonstruktion ein. Dort verdrängt sie die Luft, die dadurch durch ein Rohr entweicht. In diesem befindet sich eine Turbine, die den gewünschten Strom erzeugt. Der Trick funktioniert sogar auf doppelte Art und Weise. Denn die Turbine wird von der nach dem Abgang der Welle zurückströmenden Luft ebenfalls wieder angetrieben. Ganz neu ist dieser Ansatz nicht. Denn ein entsprechendes Kraftwerk wurde von der Firma Ocean Energy bereits vor der Küste Hawaiis getestet. Dort verlief der Einsatz grundsätzlich erfolgreich. Aufgrund des vergleichsweise geringen Wellengangs wurde aber nur eine Leistung von 500 Kilowatt erreicht.

In Schottland sind die drei Arten der Meeresenergie-Erzeugung vereint

Deshalb soll die Technologie nun noch einmal mit den deutlich höheren schottischen Wellen erprobt werden. Tatsächlich sind dort auch schon zwei Meereskraftwerke in Betrieb, die auf eine Leistung von 1,25 Megawatt kommen. Hier kommt aber nicht die Kraft der Wellen zum Einsatz, sondern es werden Unterwasserströmungen genutzt. Noch ein kleines Stück weiter ist man bei den Gezeitenkraftwerken. Hier ist bereits eine Anlage im Einsatz, die sogar auf eine Leistung von 2 Megawatt kommt. Damit sind vor den Orkney-Inseln die drei unterschiedlichen Arten zur Gewinnung der Meeresenergie vereint. An den genannten Leistungsdaten dürfte aber bereits deutlich werden, dass der Beitrag zur Stromversorgung aktuell noch eher gering ist. Weil das Potenzial aber so groß ist, dürfte an allen drei Kraftwerksarten mit Hochdruck weiter geforscht werden. Vielleicht gehen dann schon bald noch einmal deutlich größere und leistungsstärkere Anlagen in Betrieb.


Via: Ocean Energy

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