Chronische Schmerzen sind keine Seltenheit. Sie entstehen durch folgenreiche Verletzungen oder Krankheiten, und schätzungsweise ist jeder zweite Mensch in seinem Leben irgendwann mal von ihnen betroffen. Besonders in schweren Fällen helfen dann oft nur noch Opioide – und diese haben ein hohes Suchtpotential. Forscher haben nun eine alternativen Therapie getestet: Sie nutzten im Tierversuch die Genschere CRISPR/Cas9, um ein Schmerzgen bei den Tieren vorübergehend zu blockieren. Mit CRISPR Gegen chronische Schmerzen Untersucht wurde diese Behandlungsmethode von einem Team rund um Ana Moreno von der University of California in San Diego. „ Es besteht ein dringender Bedarf an einer Behandlung, die wirksam ist, lange anhält und nicht süchtig macht“, so Moreno über ihre Arbeit. Die Grundidee hinter der Behandlung basiert auf einer seltenen Genmutation, bei der die Betroffenen keine Schmerzen mehr empfinden können. Dabei wird das Protein NaV1.7 deaktiviert, ein Natriumkanal, der in schmerzübertragenden Neuronen im Rückenmark vorkommt. Von dieser Mutation existiert auch eine umgekehrte Variante, bei der NaV1.7 häufiger vorkommt. In diesem Fall ist das Resultat ein erhöhtes Schmerzempfinden. Die Forscher nutzen die Genschere CRISPR/Cas9 für ihre Therapie. Allerdings mit einer Besonderheit: Klassische CRISPR-Therapien sollen dauerhafte Effekte erreichen, indem sie defekte Gene oder Genteile ausschneiden und mit einer anderen DNA-Abfolge ersetzen. Die von den Wissenschaftlern erdachte Schmerztherapie soll jedoch nur einen temporären Effekt haben. Das Team nutzt daher eine Variante der Genschere, bei der das Cas9-Enzym die DNA nicht scheidet, sondern sich an diese bindet und so die Ablesung bestimmter Gene blockiert. In solchen Fällen spricht man in der Regel von „totem Cas9“. Statt eine unumkehrbare Veränderung zu bewirken, wird also nur ein Teil der DNA zeitweise deaktiviert. Tests an Mäusen verliefen vielversprechend Die Forscher testeten diesen Ansatz in einem Tierversuch, indem sie Mäusen eine entzündungsauslösende Substanz in die Pfote injizierten und anschließend prüften, wie die Tiere auf Schmerzreize durch Hitze, Kälte und Druck reagierten. Das Ergebnis war zu erwarten: Die entzündete Pfoten der Tiere waren deutlich schmerzempfindlicher als die gesunden Pfoten. Das gleiche Prozedere durchliefen dann Mäuse, denen die Forscher vorher die Gentherapie mit CRISPR/Cas9 zukommen ließen. Diese Tiere zeigten keine verstärkte Schmerzreaktion an den entzündeten Pfoten – ein Hinweis darauf, dass die Blockade von NaV1.7 gegen Entzündungsschmerzen hilft. Bei den nicht entzündeten Pfoten konnten die Forscher keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen entdecken, was sie als Hinweis darauf werten, dass die Blockade des Proteins sich nicht auf die normale Sensibilität auswirkt. Einen ähnlichen Test führten die Wissenschaftler dann mit Tieren durch, die aufgrund einer Chemotherapie ein erhöhtes Schmerzempfinden hatten. Bei diesen Tieren führte die Gentherapie zu einer verbesserten Schmerztoleranz, ohne sich auf sonstige sensorische oder motorische Fähigkeiten auszuwirken. Genschere ist nicht zwingend erforderlich Das gleiche Ergebnis lässt sich auch ohne die Genschere erreichen. In einem weiteren Experiment setzten die Forscher statt auf CRISPR/deadCas9 auf eine ältere Genediting-Technik, bei der sogenannte Zingfingerproteine die DNA-Teile blockierten. „ Wir waren begeistert, dass beide Ansätze funktionierten. Das Schöne an Zinkfingerproteinen ist, dass sie auf dem Gerüst eines menschlichen Proteins aufgebaut sind. Das CRISPR-System ist ein fremdes Protein, das von Bakterien stammt und daher eine Immunreaktion hervorrufen könnte. Deshalb haben wir auch die Zinkfinger erforscht, damit wir eine Option haben, die vielleicht besser in die Klinik übertragbar ist“, so Prashant Mali, der ebenfalls an der Studie arbeitete. Klinische Studien in einigen Jahren Moreno und Mali haben nun gemeinsam ein Unternehmen gegründet, dessen Ziel es ist, die Gentherapie gegen Schmerzen für Menschen verfügbar zu machen. Sowohl der Ansatz mit Zinkfingerproteinen als auch der mit CRISPR/deadCas9 soll für Menschen optimiert und dann vorerst in Studien mit Primaten getestet werden. Die beiden Forscher rechnen damit, in einigen Jahren dann zu klinischen Studien an Menschen übergehen zu können. Der Therapieansatz dürfte vielen Patienten mit chronischen Schmerzen zu neuer Hoffnung verhelfen. Denn NaV1.7 spielt etwa bei Ischias, Arthritis, Nervenschäden durch Diabetes oder Sportverletzungen eine Rolle bei der Schmerzübertragung. via University of California – San Diego Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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