Über 30 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland entfallen auf das Heizen und Kühlen von Gebäuden. Nicht erst seit der Krieg in der Ukraine die Gaspreise durch die Decke gehen ließ ist deshalb die Suche nach kostengünstigen und umweltfreundlichen Alternativen zum Heizen und Kühlen von großer Bedeutung. Ein interessanter Ansatz ist dabei die Nutzung des Grundwassers über sogenannte thermische Aquiferspeicher. Erwärmtes Wasser wird unter der Erde gespeichert und bei Bedarf wieder hochgepumpt. Forscher:innen haben nun eine detaillierte Karte erschaffen, aus der Hervorgeht, wo in Deutschland für diese Methode gute Bedingungen vorherrschen. Laut ihr sind immerhin 54 Prozent der Landfläche potenziell geeignet. Bild:Ruben Stemmle, AGW/KIT Das Grundwasser als Wärmespeicher Thermische Aquiferspeicher stellen eine gangbare Alternative zu Wärmepumpen dar, die Temperaturunterschiede zum Boden oder zur Luft nutzen. Bei den Wasserspeichern geht es um Methoden zur saisonalen Speicherung und Nutzung von Wärme sowie Kälte aus dem Grundwasser. Aquiferspeicher funktionieren, in der im Sommer bei Hitze Wasser erwärmt und dann in oberflächennahe Grundwasserleiter gepumpt wird. So lässt sich etwa auch Wärme aus der Solarthermie oder aus Industrieanlagen speichern. In dem isolierenden Gestein geht dann nur wenig Wärme verloren, sodass das Wasser im Winter wieder hochgepumpt und über Wärmepumpen für Warmwasser und zum Heizen verwendet werden kann. Außerdem kann das vergleichsweise kühle Grundwasser im Sommer für die Kühlung von Gebäuden eingesetzt werden. Welche Gebiete sind geeignet? Ein Team rund um Ruben Stemmle vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat nun ermittelt, wo in Deutschland günstige Bedingungen für derartige oberflächennahen Niedertemperatur-Aquiferspeicher (Low-Temperature Aquifer Thermal Energy Storage, LT-ATES) bestehen. Für ihre Karte werteten die Forscher:innen unter anderem hydrogeologische Daten wie die Produktivität der Aquifere, ihren Eisen- und Mangangehalt sowie die Stromungsgeschwindigkeit des Grundwassers aus. Der Eisen- und Mangangehalt ist vor allem deshalb wichtig, weil eine zu hohe Konzentration die Funktion von Pumpen und Anlagen stören kann. „Wichtig ist auch ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Heiz- und Kühlenergiebedarf“ so Stemmle. Wird etwa dauerhaft zu viel Wärme in das Grundwasser gepumpt, erschöpft sich dessen Kühlwirkung irgendwann. Daher ist auch die Entwicklung des Klimas ein wichtiger Faktor bei der Frage, ob eine Region für die Technologie geeignet ist oder eher nicht. Die Forscher:innen haben die Kriterien dann in einer räumlichen Analyse kombiniert. 54 Prozent der Landfläche sind gut oder sehr gut geeignet So entstand die bisher detaillierteste Karte zum Potential von Niedertemperatur-Aquiferspeichern in Deutschland. Etwa 54 Prozent der Landfläche, so das Ergebnis der Forscher, ist für den Einsatz der Technologie sehr gut oder zumindest gut geeignet. Hierbei stechen vor allem Gebiete hervor, deren Untergrund aus eher losen, porösen Gesteinen besteht und in denen es reichlich langsam strömendes Grundwasser gibt. Massiver Felsuntergrund oder große Gewässer sind dagegen Kontraindikatoren. Besonders hohes Potential gibt es nach der Analyse der Forscher:innen im Norddeutschen Becken, im Oberrheingraben und im Süddeutschen Molassebecken, das in Bayern liegt. In diesen Gebieten liegt das Grundwasser oft nahe der Oberfläche und ist ausreichend vorhanden. Außerdem passen die klimatischen Bedingungen. Allerdings gibt es auch in diesen Region Unterschiede in der Fließgeschwindigkeit sowie bei den Eisen- und Mangankonzentrationen. Bild: Ruben Stemmle, AGW/KIT „Alles in allem zeigt unsere Studie jedoch, dass Deutschland ein großes Potenzial für die saisonale Wärme- und Kältespeicherung in Aquiferen besitzt„, fasst Stemmle die Ergebnisse zusammen. Allerdings wird die Nutzung des Grundwassers als Aquiferspeicher durch Wasserschutzgebiete eingeschränkt, wo die nötigen Anlagen nur bedingt und in Einzelfällen zulässig sind. Prognose: Nutzbare Fläche wird steigen In einem ergänzenden Prognosemodell haben die Wissenschaftler:innen außerdem untersucht, wie sich das Potential der oberflächennahe Niedertemperatur-Aquiferspeicher in den kommenden Jahren entwickeln wird. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass dieses in den nächsten Jahrzehnten nur steigen wird. Die gut oder besonders gut geeigneten Flächen werden bis bis 2100 um 13 Prozent zunehmen. Zudem ist diese Heiz- und Kühltechnologie klimafreundlich: Sie spart im Vergleich mit gängigen Heizmethoden etwa 75 Prozent Energie. Was die Entwicklung der Nutzung der Technologie angeht, lohnt der Blick in die Niederlande: 85 Prozent der 2500 weltweit installierten Aquiferspeicher liegen in unserem direkten Nachbarland. In Deutschland gibt es aktuell zwei solcher Anlagen: Eine in Rostock, die andere in Bonn. via Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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