Kein Lebewesen in der Geschichte der Erde hat den Planeten so sehr verändert wie der Mensch. Bauwerke, Straßen und Siedlungen prägen das Landschaftsbild, und sogar aus dem All erkennt man die Spuren, die der Mensch auf der Erde hinterlässt. Wir haben ganze Substanzklassen geschaffen und nehmen deutlichen Einfluss auf das globale Klima. Eine neue Studie enthüllt nun, dass es erstmals mehr menschengemachtes Material auf der Erde gibt als Biomasse. Foto: Earth, Kevin Gill, Flickr, CC BY-SA 2.0 Biomasse vs. anthropogene Strukturen 2017 schätzten Wissenschaftler die Masse aller menschengemachten Materialien auf etwa 115 Tonnen pro Kopf. Ein Team rund um Emily Elhacham vom Weizmann Institute of Science in Israel ging der Frage nach, ob die Erde überhaupt noch als ein von Natur und Tieren geprägter Planet gelten kann. Im Rahmen ihrer Studie verglichen sie die Masse aller menschengemachten Gebilde aus Stein, Beton, Metall, Holz oder synthetischen Materialien wie Plastik mit der globalen Biomasse, also der Masse aller lebenden Wesen auf der Erde. „Die Biomasse mit etwas so anderem wie der menschengemachten Materialmasse zu vergleichen, geht weit über den Vergleich von Äpfel mit Birnen hinaus – es ist eher der Vergleich von Äpfeln mit iPhones“, so die Forscher. Für ihre Berechnungen legten die Forscher sowohl die Trockenmasse als auch das Nassgewicht zugrunde, um den hohen Wasseranteil der Biomasse zu berücksichtigen. Außerdem wurden bei menschengemachten Gebilden Abfälle, Ruinen, Abraumhalden und andere nicht mehr genutzten Materialien einzeln betrachtet. Gar nicht in die Bilanz mit einbezogen wurden Emissionen, ausgebaggerte Sedimente und nicht genutzter Abraum aus dem Bergbau. Der Einfluss des Menschen wächst Unter dem Strich ergab sich, dass das Trockengewicht aller lebenden Biomasse auf der Erde heute etwa einer Billion Tonnen (einer Teratonne) entspricht, von denen der Mensch gerade einmal 0,01 Prozent ausmacht. Etwa 90 Prozent entfallen auf die weltweite Vegetation. Das Nassgewicht dieser Biomasse beträgt etwa 2,2 Teratonnen. Diesem Gewicht stehen alle menschengemachten Gebilde mit etwa 1,1 Teratonnen entgegen. Der größte Anteil davon entfällt auf Bauwerke und Straßen, materialtechnisch liegen Beton und gemischte Baumaterialien wie etwa Schotter vorne. Während jedoch die Biomasse weitestgehend stagniert, nimmt die Masse an menschengemachten Materialien mit hoher Geschwindigkeit zu, nämlich mit etwa 30 Gigatonnen pro Jahr. Rein rechnerisch produziert jeder Mensch pro Woche etwa sein eigenes Körpergewicht an anthropogenen Material. Das Zeitalter des Anthropozäns Das Jahr 2020 markiert damit für die Forscher einen Wendepunkt: Erstmals hat die anthropogene Masse die gesamte Biomasse auf unserem Planeten überschritten. Auf der Erde existieren nun mehr Bauwerke, Straßen und Maschinen als Pflanzen und Tiere. „Allein die globale Masse des produzierten Plastiks ist größer als die aller Land- und Wassertieren zusammen“, so die Wissenschaftler. Natürlich spielt es dabei eine große Rolle, wie die Massen definiert werden. Das räumen auch die Forscher ein. Wenn die nicht mehr genutzten anthropogenen Materialien hinzugenommen werden, wurde der Wendepunkt bereits vor sieben Jahren erreicht. Wenn man dagegen die Biomasse über das Nassgewicht definiert, wird der Wendepunkt erst 2037 erreicht werden. Aber selbst dann könne man sagen, dass er relativ kurz bevor steht, so die Wissenschaftlier. Die Erkenntnisse der Studie stützen nach Auffassung der Autoren die Einstufung der gegenwärtigen Ära als Zeitalter des Anthropozän. Die Dominanz menschengemachter Strukturen und Materialien sei nicht mehr aufzuhalten. „Wenn der aktuelle Trend anhält, könnte die anthropogene Masse einschließlich der Abfälle das Trockengewicht der globalen Biomasse bis zum Jahr 2040 um das Dreifache übertreffen“, schließen die Forscher. Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter