Die Nordatlantische Umwälzströmung gehört zum Golfstromsystem und verlängert dieses nordöstlich bis nach Europa. Und derzeit ist diese Strömung so schwach wie nie zuvor in den letzten 1000 Jahren Erdgeschichte. Speziell ab Mitte des 20. Jahrhunderts durchlief das Golfstrom-System eine starke Abschwächung, wie Forscher nun herausfanden. Vieles deutet darauf hin, dass es sich nicht um eine natürliche Schwankung handelt, sondern dass es der Klimawandel ist, der die Umwälzpumpe des Golfstroms schwächer werden lässt.


Nordatlantische Strömung wird schwächer

Die Atlantische Meridionale Umwälzströmung (AMOC) fungiert als wichtiger Motor der Ozeanzirkulation und ist entscheidend am Wärmetransport zwischen den Tropen und Polarregionen beteiligt. Im Endeffekt funktioniert das Golfstrom-System wie ein großes Förderband, das fast 20 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde bewegt. Im Nordatlantik kühlt das warme, salzhaltige Oberflächenwasser dann ab, sinkt in tiefere Wasserschichten und strömt in der Tiefe in Richtung Süden zurück.


Diese Umwälzpumpe ist ein sensibles System, das unter anderem empfindlich auf Klimaveränderungen reagiert. Inzwischen strömt mehr salzarmes Schmelzwasser in den Nordatlantik, was zu einer Verringerung von Salzgehalt und Dichte des Oberflächenwassers führt. Das Absinken der oberen Wasserschichten wird so erschwert. Das schwindende Meereis hemmt wiederum die Tiefenkonvektion. Diese Faktoren führten dazu, dass sich die AMOC seit den 1950er-Jahren um 15 Prozent verlangsamt hat.

Ein Team rund um Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ging nun der Frage nach, ob es sich bei diesem Effekt um eine Klimafolge oder eine natürliche Schwankung handelt. Dabei griffen die Forscher auf Proxydaten zurück, natürliche „Zeitzeugen“, die indirekt Schlüsse auf den untersuchten Parameter erlauben. Insgesamt sammelten die Forscher Daten aus neun verschiedenen Quellen wie etwa Jahresringen von Bäumen, Eisbohrkernen, Ozeansedimenten und Isotopenstudien. „ Während einzelne Proxydaten bei der Darstellung der AMOC-Entwicklung unvollkommen sind, ergab die Kombination aller ein robustes Bild der Umwälzzirkulation“, so Rahmstorfs Kollegin Levke Caesar.

Die Nordatlantische Strömung ist wichtig für das Klima in Europa

Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass die Abschwächung des Golfstrom-Systems in den letzten 1000 Jahren beispiellos sei. In neun der Elf betrachteten Datensätze war die moderne AMOC-Schwächung statistisch signifikant. Bereits mit der kleinen Eiszeit um 1850 wurde die Nordatlantische Umwälzströmung langsam schwächer. Wirklich Fahrt nahm diese Abschwächung jedoch erst Mitte des 20. Jahrhunderts auf. Dieser Effekt hält bis heute an. Die Daten sprechen nach Ansicht der Forscher dafür, dass es sich nicht bloß um eine natürliche Schwankung handelt, sondern der schwächer werdende Golfstrom eng mit dem Klimawandel verknüpft ist.

Wenn wir die globale Erwärmung künftig weiter vorantreiben, wird sich das Golfstrom-System weiter abschwächen – um 34 bis 45 Prozent bis 2100, gemäß der neuesten Generation von Klimamodellen. Das könnte uns gefährlich nahe an den Kipppunkt bringen, an dem die Strömung instabil wird.

Die Nordatlantische Strömung spielt eine wesentliche Rolle im Klimasystem. Sie gilt als sogenanntes Koppelement, also als Prozess, der beim Überschreiten einer bestimmten Schwelle in einen neuen, stabilen Gleichgewichtszustand wechselt. In diesem konkreten Fall wäre die Folge des „Umkippens“, dass der Golfstrom zum Erliegen kommt.

Schon die Abschwächung wird Folgen haben

Aber auch, wenn der Golfstrom nur weiter abgeschwächt wird, hätte dies potenziell deutliche Konsequenzen. Für den europäischen Raum beinhalten die vorhandenen Modelle, dass die nachlassende Strömung die Verschiebung großräumiger Luftströmungen sowie der Zugbahnen von Stürmen. Die Folge wären mehr Stürme in Europa sowie sommerliche Hitzewellen und Dürren.

An der Ostküste Nordamerikas wären Klimaeffekte sowie ein Anstieg des Meeresspiegels die Folge. Bisher lenkt die Umwälzströmung Wassermassen von der Ostküste der Vereinigten Staaten weg. Wenn sie abnimmt, wird sich mehr Wasser an der Küste aufstauen, was zu einem Meeresspiegelanstieg führen würde.

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