Die Stahlindustrie ist für etwa sieben Prozent des globalen Treibhausgas-Ausstoßes verantwortlich und ist damit einer der größten CO2-Emittenten. Neben dem hohen Energieverbrauch liegt der Hauptgrund dafür vor allem in den eingesetzten Reduktionsmittel in den Hochöfen. Hier kommen fossile Brennstoffe wie Kohle, Koks oder Methan zum Einsatz, mit deren Hilfe das oxidierte Eisenerz zu metallischem Eisen reduziert wird. Dieser Vorgang setzt eine Menge CO2 frei. Diese Brennstoffe können durch Wasserstoff ersetzt werden. Forscher:innen stellten nun jedoch fest, dass Ammoniak sich genauso gut eignet, die fossilen Brennstoffe als Reduktionsmittel zu ersetzen. Der Vorteil: Ammoniak kann ebenfalls mithilfe erneuerbarer Energien erzeugt werden, ist aber viel einfacher und energiesparender zu transportieren als Wasserstoff.


Wasserstoff in der Stahlproduktion

Weltweit arbeiten Stahlkonzerne daran, klimaverträglichere Verfahren zur Eisengewinnung zu entwickeln, um ihren CO2-Fußabdruck zu verkleinern. Dabei geht es vor allem darum, auf fossile Reduktionsmittel verzichten zu können. Eine Methode ist die Direktreduktion unter Einsatz von Wasserstoff, die auch bereits in einigen deutschen Stahlwerken getestet wird. Wasserstoff wandelt die Eisenoxide des Erzes in Eisenschwamm um, der bis zu 95 Prozent aus metallischem Eisen besteht und im Stahlwerk weiterverarbeitet werden kann.


Allerdings werden für solche Verfahren große Mengen grünen Wasserstoffs benötigt. Solche Mengen können in Deutschland in absehbarer Zeit gar nicht produziert werden, weshalb der Wasserstoff dann importiert werden müsste. Dies würde bedeuten, dass er verflüssigt und in Tankern transportiert werden müsste. Das Verfahren dazu ist aufwändig und wenig effizient – die benötigte Energiemenge entspricht etwa 30 Prozent der im Wasserstoff gespeicherte Energie.

Auf der Suche nach einer Alternative

Deshalb wäre es sinnvoll, für die Stahlproduktion eine Alternative zum Wasserstoff zu finden. Eine Möglichkeit wäre der Einsatz von Ammoniak. Dabei handelt es sich um einen wichtigen Chemierohstoff und Zwischenträger für den Wasserstofftransport, der aber auch zur Direktreduktion von Eisenerz verwendet werden kann. Dies stellten Forscher:innen rund um Yan Ma vom Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf fest. „Wir haben uns gefragt, ob man Ammoniak für die Direktreduktion einsetzen könnte, ohne das Ammoniak vorher wieder in Wasserstoff und Stickstoff aufzuspalten. Diese Aufspaltung zu vermeiden, würde die Kosten um rund 18 Prozent senken„, so Ma.

Für die Studie testete das Team den Einsatz von Ammoniak als Reduktionsmittel in einem Direktreduktions-Reaktor mit Eisenoxid-Pellets gefüllt. Diese Pellets sind der gängige Ausgangsstoff für die Produktion von Eisen und Stahl. Anschließend leiteten sie Ammoniakgas ein und erhitzten die Erzpellets auf etwa 700 Grad. Unter diesen Bedingungen verhielt der Testreaktor sich wie bei der Direktreduktion mit Wasserstoffgas: Es kommt zu einer chemischen Reaktion, bei der das Eisenoxid zu metallischem Eisen reduziert wird. Ma und sein Team untersuchten, wie effizient das Verfahren ist.

Ebenso effizient wie Wasserstoff

Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Direkteinleitung von Ammoniak ungefähr 98 Prozent des Eisenerzes in metallisches Eisen umgewandelt werden. Dies entspricht der Effizient der Direktreduktion mit Wasserstoff. Der im Ammoniak enthaltene Wasserstoff spaltet sich schon bei etwa 350 Grad aus dem Molekül ab und liegt so frei im Ofen vor, sodass er das erhitzte Eisenerz reduzieren kann. Für das Verfahren ist kein zusätzlicher Katalysator nötig.

Die Nutzung von Ammoniak ist somit eine Art Abkürzung für die Direktreduktion. „Eine vorgeschaltete Aufspaltung des Ammoniaks in Wasserstoff und Stickstoff wird dadurch überflüssig„, schreiben die Forscher:innen. So wird Zeit und Energie gespart, zumal der Reduktionsprozess mit Ammoniak genauso abläuft wie der mit Wasserstoff.

Ammoniak während der Umstellung

Hinzu kommt, dass der Ammoniak auch schon in der Umstellungsphase zum Einsatz kommt. Solange nicht genügend grüner Wasserstoff produziert wird, kommen für die Direktreduktion verschiedene Ersatzgase wie etwa Erdgas oder Synthesegas aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff und anderen Gasgemischen zum Einsatz. Die Beimischung von Ammoniak wäre dabei problemlos möglich. „Man kann das Erdgas künftig je nach Verfügbarkeit durch variable Anteile an Wasserstoff oder Ammoniak ersetzen„, so Seniorautor Dier Raabe vom MPI für Eisenforschung.

Der mit Ammoniak erzeugte Eisenschwamm hat zudem eine vorteilhafte Eigenschaft: Bei der Abkühlung des Eisens im Ammoniak-durchströmten Reaktor bildet sich an dessen Oberfläche eine Eisennitrid-Schicht, die den Kontakt des Eisens mit Luft und Wasser verhindert, sodass das Eisen nicht erneut Rosten kann. „Das ist dann nützlich, wenn man das Roheisen zur Weiterverarbeitung transportieren muss„, so Raabe.

Industrie muss Vorsichtsmaßnahmen ergreifen

Allerdings hat Ammoniak gegenüber Wasserstoff auch einen Nachteil: Er ist giftig, sodass besondere Vorsichtsmaßnahme getroffen werden müssen. Allerdings setzt die chemische Industrie bereits seit langem Ammoniak ein, etwa in der Düngemittel-Produktion, sodass es genug Erfahrungen beim Umgang mit Ammoniakgas gibt. Hinzu kommt, dass Wasserstoff leicht flüchtig und explosiv ist und ebenso Sicherheitsvorkehrungen benötigt.

Allerdings wird es wohl noch dauern, bis die Stahlindustrie sich im großen Stil vom etablierten Hochofenprozess trennen und auf die Direktreduktion umrüsten kann. „Die meisten Stahlunternehmen sind mit ihren Anlagen verheiratet, weil die Investitionskosten so hoch sind. Mit Ammoniak als Wasserstoffträger wird die Barriere für den Einstieg in die klimafreundliche Stahlproduktion aber hoffentlich kleiner, zumal unsere nächsten Projekte sogar auf eine deutliche Beschleunigung der Direktreduktion abzielen„, so Raabe.

via Max-Planck-Institut für Eisenforschung

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