Das subsaharische Afrika soll Deutschland bei der Bewältigung der Energiewende helfen – und das, obwohl 1,25 Milliarde Einwohner keinen Strom und 900 Millionen Menschen keine sauber Koch-Möglichkeiten haben. Konkret geht es darum, Länder im südlichen und westlichen Afrika für die Wasserstoff-Exportwende zu motivieren. Dabei soll der kürzlich online veröffentlichte „H2-Atlas-Afrika“ sein, auf dem erkennbar sein soll, in welchen Ländern die Produktion von grünem Wasserstoff für den Export nach Europa die besten Chancen hat. Allerdings soll mit Hilfe des Atlas auch die Energiearmut in Afrika bekämpft werden.


Atlas zeigt Potenzial für Wasserstoffproduktion

Auf dem Weg zur Klimaneutralität benötigen wir grünen Wasserstoff. Den zu erwartenden Bedarf kann Deutschland allerdings höchstens zu etwa 50 Prozent selber decken. Wasserstoff soll als Langzeit-Energiespeicher fungieren und die Schwankungen im Wind- und Sonnenstrom ausgleichen. Außerdem – und das macht den wesentlich größeren Anteil des Bedarfs aus – wird er in der Stahlproduktion und der Grundstoffchemie benötigt.


Der H2-Atlas-Afrika, der im Auftrag des Bundesministeriums Bildung und Forschung am Institut für Energie- und Klimaforschung des Helmholtz-Forschungszentrum Jülich (FZJ) entstand, greift auf lokale Daten von Wissenschaftler:innen der beiden deutsch-afrikanischen Kompetenzzentren für Klimawandel und angepasstes Landmanagement im westlichen (WASCAL) und südlichen Afrika (SASSCAL) zurück. Der Atlas ist interaktiv und umfasst die 31 Länder der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) sowie der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC).

Wasser in wasserarmen Ländern: Meerwasserentsalzung als Lösung

Die Herstellung von Wasserstoff erfordert vor allem zwei Dinge: Große Mengen Wasser und viel Energie, unter deren Einsatz das Wasser dann in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Je Kilogramm Wasserstoff müssen 40 bis 80 Kilowattstunden Strom sowie etwa neun Liter Wasser eingesetzt werden.

Für den Atlas war es deshalb nicht nur wichtig, dass sich in den jeweiligen Gegenden günstig und klimafreundlich Strom mittels Sonnen- oder Windenergie gewonnen werden kann, sondern auch, dass sinnvoller Zugang zu Wasser möglich ist – auch in wasserarmen Ländern.

Das muss aus der Meerwasserentsalzung stammen. Die Kosten für die Entsalzung haben wir mit unter 0,5 Cent pro Kilowattstunde Strom berechnet Also in einem sehr, sehr kleinen Bereich. Und damit ist das leistbar„, erklärt Detlef Stolten, Leiter des Jülicher Instituts. Die Alternative sei es, Trinkwasserreservoire anzuzapfen, was aus nachvollziehbaren Gründen im wasserarmen Afrika nicht in Frage kommt.

Bei der Erstellung der Karte kamen auch mathematische Modelle und Algorithmen zum Einsatz. „Zu den geographischen Grunddaten fügen wir die Wetterdaten hinzu und sehen im Programm zum Beispiel, wo ganz wenig Wind weht und der Strom aus Windrädern deshalb recht teuer wird„, erklärt Stolten weiter.

Zahlreiche Faktoren fließen in die Beurteilung mit ein

Ausgangspunkt sei stets die Landfläche der zu untersuchenden Region in Quadratkilometern. Diese wird dann mit etwa 30 Ausschlusskriterien geprüft, wozu etwa Siedlungen, Verkehrswege, Naturschutzgebiete, Sümpfe und Wälder gehören. Auch Gebiete mit einer Steigung von zehn Prozent oder mehr werden ausgeschlossen.

Nachdem diese Ausschlusskriterien berücksichtigt wurden, bleiben nicht mehr allzu viele Küstenstandorte übrig. Allerdings müssen die Wasserstoff-Produktionsstätten, die mit der erforderlichen Energieversorgung recht raumgreifend sind, auch nicht direkt am Meer liegen. Es reicht, dort kleine Entsalzungsanlagen zu errichten und das so gewonnene Süßwasser dann per Pipeline an den Produktionsstandort zu bringen. „Die sind verhältnismäßig billig zu bauen. Auf die Weise könnte entsalztes Seewasser zu den Produktionsorten ins wasserarme Hinterland transportiert werden. Sollten die Pipelines aber durch andere Länder hindurchführen, dann werde diese Länder sicherlich auch Durchleitungsgebühren verlangen„, so Stolten. Das entsalzene Wasser könnte zusätzlich auch genutzt werden, um Felder zu bewässern.

Die Beurteilung der Eignung einer Region für die Wasserstoffproduktion wird aber auch anhand von Indikatoren zu den sozialen, administrativen und politischen Rahmenbedingungen und zur Export- und Transport-Infrastuktur durchgeführt. Diese Daten wurden vor Ort erhoben.

Regionen mit Potenzial identifiziert

Wenn all die unterschiedlichen Faktoren und erforderlichen Bedingungen berücksichtigt werden, errechnen Algorithmen für die 31 Länder Regionen, in denen Potenzial für die Wasserstoffproduktion besteht. „Ob es sich von den Möglichkeiten vor Ort auch realisieren lässt, ist dann eine Frage der Entscheidung vor Ort bei den Regierungen. Es ist ein Potenzialatlas – das ist wichtig, zu betonen„, erklärt Stolten.

Für Stolten ist aber auch klar, dass eine parallele Entwicklung nötig ist. Neben der Erschließung der Wasserstoffproduktion sei es auch wichtig, dass im Zuge des Aufbaus der Produktionsanlagen auch die Menschen in den betroffenen Regionen an die Stromversorgung angeschlossen werden.

 

via Forschungszentrum Jülich

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