Wasserstoff wird als Energieträger der Zukunft gehandelt. Die Infrastruktur für die Wasserstoffproduktion befindet sich allerdings erst im Aufbau – der prognostizierte Bedarf kann derzeit nicht gedeckt werden. Wo diese Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut werden soll, ist derzeit noch nicht klar. Die Pläne der Bundesregierung sehen derzeit vor, Wasserstoff für den deutschen Bedarf aus dem Ausland zu importieren. Der Gedanke dahinter: In Regionen wie Nordafrika könne der Wasserstoff günstiger produziert werden. Dem tritt nun ein Forschungsteam entgegen, dass in Untersuchungen zu dem Schluss kam, dass es günstiger sein könnte, Wasserstoff lokal in Deutschland herzustellen. Der Wasserstoffbedarf der Zukunft Wasserstoff ist ein energiereiches Gas, das mittels Elektrolyse oder solarer Wasserspaltung aus Wasser gewonnen wird. Bei der Verbrennung wird kein Kohlendioxid frei, weshalb Wasserstoff, wenn die für seine Produktion benötigte Energie aus erneuerbaren Quellen wie der Sonne oder Wind kommt, ein klimaneutraler Energieträger ist. Derzeit wird auch weiterhin an immer effizienteren Methoden zur Wasserstoffgewinnung gearbeitet. Wenn es nach der Bundesregierung geht, soll der Wasserstoff für den deutschen Bedarf allerdings nicht hierzulande produziert werden, sondern aus Nordafrika oder anderen sonnenreichen Regionen. Dort könne das Gas günstiger und reichhaltiger produziert werden als in Deutschland. Der Wasserstoff muss dann jedoch verflüssigt und per Schiff nach Europa transportiert werden. Frank Merten und Alexander Scholz vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie und haben nun eine Metaanalyse angefertigt, in der sie untersucht haben, wie es in Deutschland um die Kosten und den Bedarf an grünem Wasserstoff in den nächsten Jahren aussieht. Für ihre Analyse werteten die Forscher zwölf Studien aus, die alle frühestens 2021 erschienen sind und die Wasserstoffkosten sowie den Bedarf für die Zukunft kurzfristig bis 2040 und mittelfristig bis 2050 untersucht haben. Aktuell liegt der Wasserstoffbedarf in Deutschland bei etwa 55 Terawattstunden pro Jahr. Bis 2030 soll dieser sich verdoppeln, und 2050 werden wir hierzulande Schätzungen zufolge zwischen 200 und 700 Terawatt liegen, wovon zwischen 75 und 360 Terawattstunden von der Industrie benötigt werden. Die Energiewirtschaft wird zwischen 15 und 375 Terawattstunden benötigen. Die nicht unbeträchtliche Spanne rührt daher, dass manche Szenarien mit dem Einsatz von Wasserstoff im Verkehr und bei der Heizung von Gebäuden vorsehen, andere wiederum nicht. Wenig Wasserstoff im Verkehrs- und Gebäudesektor Es sei daher nach Ansicht der Forscher wichtig, als erstes Abnehmer zu priorisieren, die den Wasserstoff zwingend benötigen, um ihre Prozesse zu dekarbonisieren und zu elektrifizieren. „Dazu zählen die Herstellung von Ammoniak, Primärstahl, Grundstoffchemikalien und ausgewählten Raffinerie-Produkten sowie teilweise die Erzeugung von Hochtemperatur-Prozesswärme und gegebenenfalls der Schwerlastverkehr„, so die beiden Wissenschaftler. Durch die Begrenzung der Nachfrage auf derartige Anwendungen könne der künftige Wasserstoffbedarf begrenzt werden, was natürlich auch bedeuten würde, dass weniger des Gases produziert oder importiert werden müsste. Je nach Szenario ließe sich der Bedarf um 40 bis 470 Terawattstunden verringern. Die Forscher empfehlen daher, Wasserstoff nicht im großen Stil im Verkehrs- und Gebäudesektor zu verwenden. Wasserstoff aus Deutschland Außerdem wandten die Forscher sich der Frage zu, wo der benötigte Wasserstoff herkommen soll und wie teuer das wäre. Die Studie kommt dabei zu einem Ergebnis, das viele überraschen dürfte: Würde Deutschland seinen grünen Wasserstoff lokal produzieren, wäre dies durchaus konkurrenzfähig, vor allem im Vergleich zu Produktionsorten, die einen Transport per Schiff erfordern würden. Bis 2030 lägen die Produktionskosten für Wasserstoff in Deutschland bei sieben bis 13,5 Cent pro Kilowattstunde. Bis zum Jahr 2050 würde dies auf 6,7 bis 8,5 Cent/kWh sinken. „Das ist im Gesamtvergleich in vielen Fällen konkurrenzfähig zum H2-Import per Pipeline und Schiff„, erklären die Forscher. Der Import von Wasserstoff aus Nordafrika wird in der Studie mit Kosten von durchschnittlich 10,6 Cent/kWh bis 2030 und 6,9 Cent/kWh bis 2050 beziffert. Es sollte keine neue Importabhängigkeit entstehen Die beiden Forscher vertreten daher die Ansicht, dass es durchaus sinnvoll wäre, nicht exklusiv auf Wasserstoffimporte aus dem Ausland zu setzen, sondern eben auch in die heimische Produktion zu investieren. „Die Stärkung einer heimischen, grünen Wasserstoffwirtschaft ist nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Wertschöpfung im eigenen Land sinnvoll„, so Manfred Fischedick, Präsident des Wuppertal Instituts. Der Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW, Christian Mildenberger, ergänzt zu dem Thema. „ Außerdem haben wir in Deutschland ausreichend Potenzial erneuerbarer Energien, um signifikante Teile des benötigten Wasserstoffs herzustellen. Die Bundesregierung sollte deshalb von vornherein vermeiden, dass es beim Wasserstoff zu einer ähnlich hohen Importabhängigkeit kommt wie bei Erdöl und Erdgas.“ via Wuppertal Institut Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. 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