Immer wieder hört man von Infektionskrankheiten, die sonst nur im Süden vorkommen, es inzwischen aber auch in unsere Gefilde geschafft haben. Grund hierfür sind oft Tierarten, die sich mit milderen Wintern und wärmeren Sommern auch in Mitteleuropa ansiedeln und die entsprechenden Krankheitserreger mit sich bringen. Bereits heute, so enthüllt eine aktuelle Studie, sind mehr als die Hälfte der bekannten Infektionskrankheiten deutlich häufiger geworden. Dieser Effekt wird sich in Zukunft noch deutlicher auswirken. Bild: James Gathany / Public domain Effekt des Klimawandels bereits jetzt bemerkbar Zu den Tierarten, die sich inzwischen auch in unseren Breiten wohlfühlen, gehören unter anderem auch Mückenarten wie die Tigermücke oder die Asiatische Buschmücke, aber auch exotische Zeckenarten. Und diese Tierarten bringen Krankheiten mit. So wurden etwa bereits erste Fälle des West-Nil-Virus, das von Mücken übertragen wird, sowie des von Zecken übertragenen Fleckfiebers in Deutschland registriert. In der Ostsee und anderen Gewässern vermehren sich mit steigenden Wassertemperaturen zudem vermehrt wärmeliebende Keime wie etwa der Erreger der Cholera. Der Grund für die steigenden Durchschnittstemperaturen liegt natürlich im Klimawandel. Wie stark dieser sich bereits heute auf die bekannten Infektionskrankheiten ausgewirkt hat, hat ein Team rund um Camilo Mora von der University of Hawaii in Manoa untersucht. Für diese Untersuchung werteten die Ergebnisse von insgesamt 830 Studien auf der ganzen Welt aus. Dabei ging es um Studien, die sich mit allen 375 bekannten Infektionskrankheiten befassten, die in den offiziellen Listen der Gesundheitsorganisationen geführt werden. Zu diesen Krankheiten gehören Infektionen, die von Mensch zu Mensch übertragen werden, aber auch solche, die über das Trinkwasser, Lebensmittel oder eben tierische Überträger verbreitet werden. Die Forscher:innen kamen zu dem Schluss, dass sich ein deutlicher Effekt des Klimawandels bereits jetzt zeigt. „Von 375 Infektionskrankheiten, für die ein Befall des Menschen dokumentiert ist, wurden 218 bereits durch Klimarisiken verschlimmert. Dies entspricht 58 Prozent aller bekannten humanpathogenen Infektionskrankheiten“, erläutert das Team. Dabei identifizierten die Forscher:innen 1.006 einzigartige Arten, durch die Klimafolgen über verschiedenste Übertragungsformen zu Fällen von pathogenen Krankheiten führen. Eine negative Beeinflussung der Verbreitung und Häufigkeit konnten sie nur bei neun Prozent aller Infektionskrankheiten feststellen. Erwärmung macht Infektionskrankheiten gefährlicher Der größte Einfluss ist dabei der Erwärmung zuzuschreiben. Von ihr haben laut Datenlage bereits 160 Infektionskrankheiten profitiert. Zu diesen gehören etwa Zika, Malaria, Dengue, die Pest und das West-Nil-Fieber. Durch die Erwärmung können sich die Überträger in neue Gefilde ausbreiten. Etwa 120 Krankheiten profitieren außerdem von den Niederschlagsveränderungen und Überschwemmungen. Dazu gehören zahlreiche von Mücken oder wasserlebenden Erregern verbreitete Krankheiten. Auch Infektionen, die von Nagetieren übertragen werden, wie etwa das Hantavirus oder die Pest, profitieren von diesem Faktor. Die Bedrohung aus dem Eis Aus der Erwärmung ergibt sich außerdem eine weitere Bedrohung, die bis heute noch kaum erforscht wurde. Die Rede ist von Krankheitserregern, die sich in den dauerhaft gefrorenen Böden im antarktischen Permafrost verbergen. „Das Auftauchen von solchen eingefrorenen Pathogenen könnte eine Büchse der Pandora darstellen, angesichts des potenziell großen Pools von Erregern, die sich dort angesammelt haben und die für die heutigen Menschen völlig neu sein könnten“, so Mora und sein Team. Einen Vorgeschmack auf dieses Risiko gab es bereits, und zwar bei einem Anthrax Ausbruch in der Arktis, der auf Bakterien aus einem Tierkadaver zurückgeführt werden konnte, der durch auftauenden Permafrost freigegeben wurde. Erreger können im Eis der Arktis teilweise mehrere hundert Jahre überleben und zu einem echten Problem werden, wenn sie wieder auftauen. Bei eingefrorenen Rädertierchen konnte sogar gezeigt werden, dass sie bis zu 24.000 Jahre im Eis überleben können. Klimaschutz ist umso wichtiger Ein weiterer Faktor, der die Übertragung von Infektionskrankheiten begünstigt und dessen Grund im Klimawandel zu suchen ist, ist die Tatsache, dass der Kontakt zwischen Menschen und potenziellen Krankheitsüberträgern zunimmt. Waldbrände, Dürren oder Überflutungen können Fledermäuse, Nagetiere oder andere Wildtiere aus ihrem Lebensraum vertreiben und zwingen, näher an menschliche Siedlungen zu kommen. Außerdem können klimabedingte Veränderungen dazu führen, dass vorher eher von Menschen unberührte Habitate für diesen als Siedlungsraum oder für die Landwirtschaft interessant werden. „Solche klimabedingten Landnutzungsänderungen haben das Vordringen des Menschen in wilde Gebiete begünstigt und zahlreiche Ausbrüche von Krankheiten wie Ebola, Malaria, Tsutsugamushi-Fieber, Lyme-Borreliose und australisches Zeckentyphus ausgelöst“, so die Forscher:innen. „Die schiere Menge der pathogenen Krankheiten und Übertragungswege, die durch Klimarisiken verschlimmert werden, enthüllt das Ausmaß der gesundheitlichen Bedrohung, der wir Menschen durch den Klimawandel ausgesetzt sind“, fasst das Team die Ergebnisse zusammen. Daraus folge, dass es umso wichtiger sei, den Klimawandel auszubremsen indem Treibhausgasemissionen vermindert werden. via University of Hawaii at Manoa Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. 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