Der Aachener Professor Günther Schuh gehörte lange zu den größten Kritikern der deutschen Autoindustrie. Seiner Meinung nach verpassten die Konzerne den Trend zur Elektrifizierung und bauten schlicht die falschen Elektroautos. Anstelle von teuren Luxusautos würden endlich bezahlbare Elektrofahrzeuge für die Masse benötigt. Schuh beließ es allerdings nicht bei seiner rhetorischen Kritik, sondern gründete schlicht sein eigenes Unternehmen. Mit dem e.Go Life entwickelte er ein kleines und sehr preiswertes Elektroauto. Gleichzeitig kommunizierte er extrem ambitionierte Ziele: Bis zum Jahr 2026 sollte der Umsatz auf fünf Milliarden Euro steigen. Doch die Realität sah zunächst anders aus. Im vergangenen Jahr schaffte es das Unternehmen nicht die geplanten 900 Autos zu verkaufen und kam daher nur auf Einnahmen in Höhe von zwanzig Millionen Euro – und machte fünfzig Millionen Euro Verlust.


Bild: Ego Mobility

All zusätzlichen Ausgaben müssen genehmigt werden

Trotzdem verbreitete Schuh zunächst noch Optimismus. Noch im März ging er davon aus, dass die Gewinnschwelle nur noch wenige Monate entfernt sei. Doch dann schlug auch hier die Corona-Krise zu und die Produktion musste vorübergehend gestoppt werden. Anfang April musste Schuh daher ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren beantragen. Seitdem wird er durch den von einem Gericht bestellten Generalbevollmächtigten Paul Fink unterstützt. Dieser muss alle zusätzlichen Ausgaben genehmigen. Nach drei Monaten hat das Amtsgericht Aachen nun endgültig das Insolvenzverfahren eröffnet. Weil es aber eine positive Fortführungsprognose gibt, bleiben Schuh und Fink zunächst verantwortlich. Erste Auswirkungen gibt es aber: Die zwischenzeitlich wieder angelaufene Produktion wurde erneut gestoppt und die Mitarbeiter wechselten in die Kurzarbeit. Auf diese Weise sollen die Verluste eingedämmt werden, bis hoffentlich ein neuer Investor gefunden wird.

Gespräche mit potentiellen Investoren laufen

Verkauft wird der e.Go Life allerdings auch weiterhin. Parallel dazu werden Gespräche mit potentiellen Geldgebern geführt. Wie realistisch eine Rettung des Unternehmens ist, muss allerdings zunächst abgewartet werden. In der offiziellen Mitteilung berichtet das Unternehmen zwar über „aussichtsreiche Gespräche sowohl mit nationalen als auch internationalen Investoren“. Doch gerade in der Corona-Krise dürften potentielle Geldgeber eine gewisse Zurückhaltung an den Tag legen. Noch ist somit unklar, ob es tatsächlich gelingen wird, das kleine Stadtauto mit einer Reichweite von 150 Kilometern in großen Stückzahlen zu produzieren. Günther Schuh hat allerdings schon deutlich weiter gehende Pläne: Unter dem Namen Silent Air Taxi arbeitet er an einem Lufttaxi mit Hybridantrieb. Später einmal sollen damit fünf Passagiere bis zu 1.000 Kilometer weit transportiert werden können.


Via: Berliner Zeitung

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