Das „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ gilt als Prestige-Objekt der Bundesjustizministerin Christine Lambrecht. Beschlossen wurde es vom Bundestag am 18. Juni. Das Gesetz soll eine Pflicht für Internetplattformen und soziale Netzwerke etablieren, Hassposts an das Bundeskriminalamt (BKA) zu melden. So soll ein wirkungsvolles Mittel geschaffen werden, um gegen Hass und Hetze im Netz vorzugehen. Das Gesetz muss noch im Bundesgesetzblatt verkündet werden und ist daher auch noch nicht im Kraft. Seitens des Wissenschaftlichen Diensts des Bundestags werden nun allerdings Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des sogenannten Gesetzes gegen Hassrede laut. Zweifel vom wissenschaftlichen Dienst Das betreffende Gutachten wurde von der Bundestagsfraktion der Grünen in Auftrag gegeben, umfasst 27 Seiten und postuliert die folgende Kernthese: Die in dem Gesetz enthaltenen Befugnisse zur Übermittlung und zum Abruf sogenannter Bestandsdaten der einzelnen Nutzer gehen teilweise über den Rahmen des Grundgesetzes hinaus. Das Problem ist, dass der Zugriff auf die Daten an keinerlei nennenswerte Voraussetzungen geknüpft wird. Mit dem Abruf der in den Bestandsdaten enthaltenen Informationen wie etwa Name, Anschrift oder Geburtsdatum wird in die Grundrechte der Betroffenen eingegriffen. Dieser Eingriff ist nicht besonders tief, aber dennoch dürfen derartige Auskunftsansprüche nicht einfach pauschal zugelassen werden. Konkret findet sich diese Aussage in einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli diesen Jahres, in dem es um die Zulässigkeit der Speicherung solcher Daten durch Telekommunikationsanbieter ging. „ Auch Auskünfte über Daten, deren Aussagekraft und Verwendungsmöglichkeiten eng begrenzt sind, dürfen nicht ins Blaue hinein zugelassen werden“, heißt es dort. Nach Ansicht des Wissenschaftlichen Dienstes kann der Beschluss des Gerichts auch auf Internetplattformen und soziale Netzwerke übertragen werden. Gesetz ist zu unpräzise Kernelement des Kampfes gegen Hass im Netz ist die Identifizierung einzelner Nutzer mithilfe einer IP-Adresse. Auch das Gesetz gegen Hassrede enthält eine Vorschrift, die diese ermöglichen soll. Nach der Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes ist diese Vorschrift jedoch verfassungswidrig, wenn man den Maßstab aus Karlsruhe anlegt. Denn die Richter und Richterinnen des Bundesverfassungsgericht beschlossen, dass es eine „hinreichend präzise Umgrenzung“ des Verwendungszwecks der Informationen geben müsse. Der Wissenschaftliche Dienst kann diese Umgrenzung in dem Gesetz gegen Hassrede aber nicht entdecken. Dies stelle die komplette Meldepflicht in Frage, auch wenn die Experten des Bundestags diese eigentlich für ein geeignetes Instrument hält. Denn wenn die Betreiber zwar Posts und Äußerungen melden müsse, das BKA diese Meldungen aber nicht abrufen dürfe, dann laufe die Meldepflicht komplett ins Leere. Als das Bundesverfassungsgericht seinen Beschluss im Juli veröffentlichte, war das Gesetz gegen Hassrede eigentlich schon in trockenen Tüchern. Nun könnte es sein, dass das Gesetz entweder überarbeitet werden muss oder eben mit hoher Wahrscheinlichkeit nach seinem Inkrafttreten auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts kommt. Aus Sicht der Grünen ist das Gesetz damit bedenklich, da ohne die nötigen Korrekturen sein durchaus sinnvolles Ziel, also die Bekämpfung von Hasskriminalität, massiv gefährdet sei. Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter