Das Projekt ITER, an dem seit Mitte des letzten Jahrzehnts im französischen Cadarache gearbeitet wird, möchte auf internationale Ebene die Vision von sauberem Strom aus der Kernfusion umsetzen. Das Projekt wird aber immer wieder aufgeschoben. Nun möchte die Privatwirtschaft der Wissenschaft zuvorkommen und das versprechen sauberer Fusionsenergie einlösen.


Konkurrenz für ITER

Ursprünglich sollte ITER im Jahr 2017 in Betrieb gehen – nun ist von 2023 die Rede. Inzwischen fühlen sich private Unternehmen herausgefordert, vor ITER zu einem funktionierenden Fusionsreaktor zu kommen. Da ist beispielsweise das Unternehmen Tokamak Energy. Das Startup aus dem englischen Milton Park möchte mit dem ST25 einen eigenen Fusionsreaktor verwirklichen und setzt dabei auf sogenannte “sphärische Tokamaks”. Dabei handelt es sich um Fusionsreaktoren, die im Prinzip ähnlich funktionieren wie auch ITER ausgelegt wurde: Durch Magnetfelder wird heißes Deuterium-Tritium-Plasma im Inneren eines Vakuum-Gefäßes zusammengehalten. Dieses wird dann solange erhitzt, bis die leichten Kerne zu Helium verschmelzen. Durch die Stauchung der sphärischen Tokamaks kann eine kompaktere Bauweise realisiert werden. Auf lange Sicht wollen die Briten so einen Reaktor entwickeln, der 150 Megawatt Leistung erbringen soll.


Aber Tokamak Energy ist nicht der einzige Herausforder: “Konkurrenz” bekommt ITER auch aus der Wissenschaft. Am MIT in Boston wird ebenfalls an einem Fusionsreaktor gearbeitet. Mit einem Einsatz ist aber erst in etwa 10 Jahren zu rechnen. Doch neben Tokamak Energy und dem MIT arbeiten noch eine Handvoll anderer Unternehmen an alternativen Lösungen für Fusionsreaktoren. Das Unternehmen Tri Alpha Energy hat bereits 150 Millionen Dollar gesammelt, um einen Fusionsreaktoren zu entwickeln. Die Firma wurde bereits 1998 von den Plasmaphysikern Norman Rostoker von der University of California, Irvine und Hendrik J. Monkhorst von der University of Florida gegründet und hält sich extrem bedeckt.

Rennen um die Fusionsenergie

Auch das kanadische Unternehmen General Fusion arbeitet an einer eigenen Lösung. Bisher wurden etwa 84 Millionen US-Dollar gesammelt – auch der Amazon-Gründer Jeff Bezos ist unter den Investoren. General Fusion verfolgt ein etwas exotischeres Konzept: Das Unternehmen möchte in einem Wirbel aus flüssigem Metall eine Plasmakugel einschließen. Der Druck im Inneren soll dann zum Verschmelzen der Atomkerne im Plasma führen. In den vergangenen zwei Jahren arbeitete das Unternehmen an Computersimulationen zur Reaktorkammer. Diese soll mit 200 Kompressionskolben bestückt werden. Außerdem wird fieberhaft an den Plasma-Erzeugern gearbeitet.

Der Kernphysiker Thomas Linden, der am Teilchenbeschleuniger CERN in der Schweiz arbeitet, glaubt, dass das Erreichen eines funktionierenden Fusionsreaktors in den nächsten 10 Jahren durchaus nicht unwahrscheinlich ist. “Jedes der alternativen Konzepte beruht auf bekannten physikalischen Prinzipien und in vielen Fällen auf über zehn Jahren Forschung. Ich würde also nicht sagen, das ist alles spekulativ”, erklärt er. Auf einen Favoriten will sich Linden nicht festlegen. Eines darf jedoch als gegeben angesehen werden: Das Rennen um die Fusionsenergie ist kein Monopol und wird durchaus spannend werden.

1 Kommentar

  1. David Kummer

    23. Oktober 2015 at 21:58

    Ja wie immer sind alle nur 10 Jahre von einem erfolgreichen Fusionsreaktor entfernt. Mal schaun, wie viele Jahrzehnte das noch so ist. grins

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