Während sich der Energiesektor momentan darauf konzentriert, Energie aus fossilen Brennstoffen so gut es geht durch Energie aus erneuerbaren Quellen zu ersetzen, ruht die eigentliche Hoffnung für die zukünftige Energieversorgung unseres Planeten auf einer Technologie, die bisher höchstens in der experimentellen Praxis existiert: Der Kernfusion. Der Weg zu in großem Stil verwendbaren Fusionsreaktoren ist weit. Einen weiteren Schritt auf diesen Weg soll der französische Experimentalreaktor ITER darstellen. Die Bauarbeiten an diesem werden in Kürze beginnen. Läuft alles planmäßig, soll ITER im Jahr 2025 den Betrieb aufnehmen.


Bild: Iter.org

Erster Test im industriellen Maßstab

Bei ITER handelt es sich nicht einfach nur um einen weiteren Versuchsreaktor für die Kernfusion. Das internationale Großprojekt soll zum ersten Mal weltweit die Kernfusion im industriellen Maßstab setzen. Damit ist der ITER-Reaktor quasi ein experimenteller Prototyp für die Art Reaktoren, die in Zukunft tatsächlich Energie in das Stromnetz einspeisen könnten.

Im Rahmen der Kernfusion werden die Wasserstoffisotope Deuterium (D) und Tritium (T) so verschmolzen, wie es auch im Kern von Sternen geschieht. Diese Verschmelzung muss in einem hochtemperierten Plasma stattfinden, das Temperaturen von bis zu 150 Millionen Grad Celsius erreicht, damit die Kerne der Ionen sich nicht gegenseitig abstoßen, sondern eben miteinander verschmelzen. Das Plasma wird im Falle des ITER in einer ringförmigen Kammer erzeugt werden, dem Tokamak. Somit gehört ITER zur Klasse der Tokamak-Reaktoren. Bisherige Kernfusions-Experimente konnten noch keine positive Energiebilanz erzeugen. Dies soll nun erstmals im ITER geschehen.


Allerdings ist die Anlage im nordöstlich von Aix-en-Provence gelegenen Cadarache aktuell noch nicht fertig. Die Bauarbeiten liegen jedoch genau im Zeitplan, sodass bis Ende 2025 erstmals Plasma im ITER gezündet werden soll.

First Plasma 2025

Die Gebäude, die später den Reaktor und die Steueranlagen beherbergen sollen, stehen bereits und 70 Prozent aller Bauaufgaben sind inzwischen erledigt. Das Fundament der Reaktorhalle ruht auf 500 Stützpfeilern zum Schutz vor Erdbeben. Für den Reaktor selber ist ein Reaktormantel aus Beton vorgesehen, dessen Wände 3,5 Meter dick sein und aus einem Spezialbeton bestehen sowie mit Stahl armiert sein. In diesem Mantel entsteht der Kryostat, eine Kühl- und Vakuumkammer, in die später der Tokamak hineingebaut wird. Beim Bau des Reaktors sowie der umgebenden Strukturen ist höchste Präzision gefragt – entsprechend hoch wird die Anspannung des Teams während dieser Baumaßnahmen sein.

Für 2024 ist dann der wichtigste Bauschritt geplant: Das sogenannte Kryostat Closure, also die Fertigstellung des Kryostats. Anschließend wird die Luft abgepumpt und das Vakuum für das First Plasma im Dezember 2025 geschaffen. Dabei wird auch im ITER wie vor einigen Jahren im Wendelstein 7-X in Greifswald als erstes Helium-Plasma erzeugt, das deutlich weniger heiß ist als Wasserstoffplasma. So soll gezeigt werden, dass der Vakuumbehälter dicht ist. Das First Plasma markiert außerdem den Übergang von der Bau- in die Betriebsphase. Bis im ITER erstmals Deuterium und Tritium fusionieren, sind aber weITERe Baumaßnahmen nötig, die bis 2035 andauern werden.

So wird der ITER-Reaktor letztlich in seinem Gehäuse sitzen.
Bild: Iter.org

Projekt stand mehrfach knapp vor dem Aus

Die Wurzeln des ITER gehen bis ins Jahr 1985 zurück. Angestoßen wurde das Projekt von Michail Gorbatschow, der damals Staats- und Parteichef der Sowjetunion war, auf einem Gipfeltreffen mit US-Präsident Ronald Reagan. Insgesamt sind inzwischen 35 Länder am ITER beteiligt, und das Projekt beschäftigt in Cadarache etwa 2.000 Mitarbeiter.

Der ITER-Reaktor sollte bereits 2016 in Betrieb gehen, aber nachdem 1999 die USA und 2003 Kanada das Projekt verließen – die USA stieg allerdings ebenfalls 2003 wieder ein – hatte der ITER-Reaktor wiederholt mit organisatorischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Außerdem wuchsen die Kosten im Laufe der Zeit stark – geplant waren 5 Milliarden Euro, aber nun wird der ITER etwa 20 Milliarden kosten. Trotz aller Schwierigkeiten ist das ITER-Projekt immer noch am Leben. Und die Organisatoren beabsichtigen, den aktuellen Zeitplan einzuhalten.

3 Kommentare

  1. Josef Mistetzky

    22. Januar 2020 at 19:04

    KERNFUSION – ein gewissenloses Verbrechen der kriminellen Umweltzerstörer. Statt die Rohrleitungen bei La Hague abzubauen, die radioaktive Verseuchung in internationale Gewässer einleitet, wird ein weiteres Problem den zukünftigen Generationen aufgebürdet.

  2. Björn

    27. Januar 2020 at 10:18

    Ich finde es super, das das Projekt von Staaten finanziert ist. Ich hoffe das es zum Zeitpunkt der vollen Funktionstüchtigkeit Regierungschefs am Drücker sind die diese Technik nicht an Energieversorger verkaufen. Sondern diese Technik an alle beteiligten Staaten zur Verfügung stellen und somit wieder eine staatliche Energieversorgung Realität wird.

  3. Josef Mistetzky

    1. Februar 2020 at 20:27

    Fusionsreaktorträume sind ein so alter Hut, das sie schon Schimmel ansetzen. Unser Super-Minister Dr. Dr. Riesenhuber (CDU) damals, der uns die Atomreaktor-Technik ohne jedes Gewissen und ohne je Verantwortung für den Müll zu übernehmen, dem Leben auf der Erde aufgebürdet hat, kassierte bis zur letzten Legislaturperiode staatlich finanzierte Diätzahlungen neben seinen sonstigen Einkünften. So werden Werte vernichtet und Belastung auf die Allgemeinheit verteilt, um Einzelne hochdotiert zu finanzieren. Privatisierung von Wasser, Energie und Luft ist modern und sorgt dafür das wertvolle Güter ausgebeutet werden und demokratische Rechte vermodern.Da diese Technik niemals wirtschaftlich funktionstüchtig sein wird, werden die damit verbundenen Verluste den wehrlosen fluchtunfähigen Menschen aufgebürdet. Wir brauchen keine staatliche Energieversorgung sondern eine Dezentrale. Hausfassaden, Dächer, Wärmepumpen, Wind und Wasserkraft bieten flächendeckende Versorgung.

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