Physiker:innen ist es erstmals gelungen, die Kernfusion in einem Fusionsreaktor mit Wasserstoff und Bor ablaufen zu lassen und diese anhand der Entstandenen Heliumkerne nachzuweisen. Da in der Reaktion kein Deuterium und Tritium verwendet wird, könnte es sich um einen wichtigen Schritt in Richtung wirklich sauberer Fusionskraftwerke handeln, da kein radioaktiven Neutronen anfallen. Anders als Tritium ist Bor außerdem ein Rohstoff, der in großen Mengen verfügbar ist.


Bild: National Institute for Fusion Science

Kernfusion ist eine Zukunftstechnologie

Bei der aktuell stattfindenden Energiewende geht es vorrangig darum, den Wechsel auf erneuerbare Energiequellen zu vollziehen. Dabei stehen Wind- und Sonnenenergie im Mittelpunkt. Langfristig allerdings gilt Kernfusion als Energiequelle der Zukunft. Die aktuell verfügbaren Fusionsreaktoren sind allerdings alle noch im experimentellen Stadium. Mit welcher Technologie letztlich der Durchbruch gelingt ist noch vollkommen offen. Forscher:innen weltweit testen den Betrieb unterschiedlicher Reaktortypen wie etwa Reaktoren nach dem Tokamak-Prinzip (zu diesen gehört etwa der ITER-Großreaktor in Frankreich) oder Stellaratoren wie der deutsche Wendelstein 7-X in Greifswald, in dem kürzlich Rekordwerte erreicht wurden. Die unterschiedlichen Reaktortypen haben eine Gemeinsamkeit: Sie nutzen im Regelfall schweren Wasserstoff wie etwa Deuterium und Tritium als Brennstoff. Im Rahmen der Fusion werden dabei große Mengen energiereiche, radioaktive Neutronen freigesetzt. Diese erfordern eine aufwändige Abschirmung. Hinzu kommt, dass Tritium ein Isotop ist, das in der Natur nur in sehr geringen Mengen vorkommt und daher aus radioaktivem Material oder direkt in den Fusionsreaktoren gewonnen werden muss. Aktuell existieren weltweit lediglich 20 Kilogramm Tritium.

Alternative zu Deuterium und Tritium

Über kurz oder lang wäre es also gut, wenn sich eine Alternative finden ließe. Eine solche Alternative könnte die Fusion von Wasserstoff mit Bor sein. Letzteres kommt in der Natur reichlich vor und ist im Gegensatz zu Tritium weder radioaktiv noch toxisch. „Die Fusionsreaktion mit Bor erzeugt zudem keine Neutronen, nur Helium in Form von drei Alphateilchen„, erklärt ein Team rund um R.M. Magee von TAE Technologies. Ließe sich die Fusion mit Protonen und Bor als Brennstoff realisieren, so wäre dies nicht nur sicherer sondern auch umweltfreundlicher und leichter zu handhaben als bisherige Fusionsreaktionen mit Deuterium und Tritium.


Allerdings benötigt die Zündung der Kernfusion mit Wasserstoff-Bor-Plasma etwa 30-mal höhere Temperaturen als mit Deuterium-Tritium-Plasma. „Das macht es zu einer Herausforderung, Reaktoren mit diesem Brennstoff so zu betreiben, dass die erzeugte Fusionsenergie größer ist als die für die Heizung hineingesteckte„, so die Physiker:innen weiter.

Erstmals Kernfusion mit Wasserstoff-Bor-Plasma

Dem Team um Magee ist nun ein wichtiger Schritt gelungen, um die Hürden im Zusammenhang mit Wasserstoff-Bor-Plasma zu überwinden: Erstmals gelang es Ihnen, die Fusion von Wasser mit Bor im Plasma eines Magneteinschluss-Reaktors auszulösen und nachzuweisen. Der Versuch fand im Large Helical Device (LHD) in Japan statt. Beim LHD handelt es sich nach dem Wendelstein 7-X um den weltweit größten Stellarator-Reaktor. In ihrem Experiment versetzten die Forscher:innen das Wasserstoff-Plasma des Reaktors nach und nach mit winzigen Borkörnchen. „Messungen zeigen, dass sich dabei eine signifikante Menge des Bors im Zentrum des Plasmas ansammelt„, erklären sie die Folgen dieser Maßnahme.

Anschließen nutzte das Team mehrere Ionenstrahl-Injektoren, um energiereiche Protonen ins Plasma zu schießen. „Berechnungen sagen voraus, dass die im Experiment erreichten Bordichten und Ionenstrahl-Parameter zu einer Fusionsrate von rund 100 Milliarden pro Sekunde führen müssten, wenn alle drei Hochenergiestrahler gleichzeitig gefeuert werden„, so die Physiker:innen. Anschließend überprüfte sie die berechneten Werte mithilfe von Detektoren.

Schritt auf dem Weg zur sauberen Kernfusion

Und tatsächlich stellten sie mit dem Alphadetektor einen abrupten Anstieg von Heliumkernen im Plasma das Testreaktors fest. „Die Teilchenzahlen deuten auf eine Fusionsrate hin, die in guter Übereinstimmung mit den theoretischen Berechnungen steht. Dies ist der erste Nachweis einer Wasserstoff-Bor-Kernfusion in einem Magneteinschluss-Plasma.„, so Magee und seine Kolleg:innen.

Dieses Experiment liefert uns eine große Mengen an Daten, mit denen wir nun arbeiten können. Es zeigt, dass Wasserstoff-Bor-Brennstoff einen Platz auf dem Weg zur Fusionsenergie hat„, so Koautor Michl Binderhauer, der CEO von TAE Technologies.

TAE arbeitet bereits an neuartigen Fusionsreaktoren, die im Gegensatz zu Tokamaks und Stellaratoren linear aufgebaut sind. Diese sogenannte Field-Reversed Configuration (FRC) setzt darauf, dass das Plasma von linearen Magnetfeldlinien und einem toroidalen elektrischen Feld umschlossen wird. Dadurch entsteht in dem zylindrischen Reaktor eine Art „Rauchring“ aus freischwebenden Plasma. Derzeit läuft die Entwicklung der ersten großen Anlage. Bis 2030 sollen erste Prototypen existieren, die dann 2040 erstmals mehr Fusionsenergie erzeugen sollen als sie für ihren Betrieb benötigen.

via TAE

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