Dass die USA und Europa klimatechnisch nicht gerade eine reine Weste haben, ist längst kein Geheimnis mehr. Eine Studie des Wissenschaftsanthropologen Jason Hickel von der Universität London kommt aber dennoch zu einem etwas überraschenden Ergebnis. Ihr zufolge sind die USA und Europa für mehr als 80 Prozent der übermäßigen CO2-Emissionen seit 1850 verantwortlich. Auf den globalen Süden entfallen lediglich 8 Prozent der Emissionen. Das Ergebnis ist deutlich: Die Hochlohn-Staaten sind in hohem Maße für den Klimawandel und die damit verbundenen Schäden verantwortlich. Wir stoßen viel zu viel CO2 aus Hickels Analyse basiert auf die Annahme, dass die Atmosphäre der Erde ein gemeinsames Gut ist, an der jede Nation auf Basis ihrer Einwohnerzahl einen fairen Anteil haben sollte. Das würde zu der logischen Folgerung führen, dass bevölkerungsreiche Länder mehr CO2 ausstoßen dürfen als bevölkerungsarme. Insgesamt sollte der Grenzwert von 350 ppm (parts per million) CO2 nicht überschritten werden. Dies geschah allerdings schon 1990 – Hickel spricht in diesem Zusammenhang vom Klima-Zusammenbruch. Inzwischen liegen die Messwerte bei mehr als 400 ppm. Hickel hat berechnet, dass maximal 830,1 Gigatonnen CO2 hätten ausgestoßen werden dürfen. Insgesamt seien es aber zwischen 1850 und 2015 1516,2 Gigatonnen gewesen. Der Forscher hat weiter berechnet, wie viele dieser 1,5 Billionen Tonnen CO2 in der Zeit von 1850 bis 1969 aus welchem Land stammen bzw. in der Zeit zwischen 1970 und 2015 auf den Konsum in bestimmten Ländern zurückgehen. Das Ergebnis setzte er dann zu dem Budget ins Verhältnis, dass den einzelnen Staaten auf Basis ihrer Bevölkerungszahlen zustünden. Durch die Verlagerung des Fokus auf den Konsum der Länder konnte Hicks die Auslagerung der Produktion im Zuge der Globalisierung abbilden. Es habe sich gezeigt, dass die3 reichsten Industrienationen einen noch stärkeren Anteil am Klimawandel haben als bisher angenommen wurde. Deutschland auf Platz 3 Am unverantwortlichsten gegenüber dem Klima verhalten sich der Analyse zufolge die USA. Das Land hätte eigentlich nur 41,5 Gigatonnen CO2 ausstoßen dürfen – 2015 waren es bereits 420,4 Gigatonnen. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat sein Budget also um den Faktor 10 überstiegen. Insgesamt ist die USA damit für 40 Prozent der übersteigerten CO2-Emissionen verantwortlich. Danach folgt Russland mit 105 statt 27 Gigatonnen. Den dritten Platz belegt Deutschland mit 91,3 statt 18,4 Gigatonnen. Bezüglich der Gesamtmenge an zu viel ausgestoßenem CO2 landet Deutschland damit sogar von Großbritannien. Indien bildet das Schlusslicht der Liste. Aufgrund der großen Bevölkerung hätte das Milliardenvolk eigentlich 133,4 Gigatonnen CO2 ausstoßen dürfen. Bisher sind es aber nur 43,2 Gigatonnen. China hat ein Budget von 189 Gigatonnen und brachte es bis 2015 auf 159,6 Gigatonnen. Man kann aber davon ausgehen, dass das Reich der Mitte sein Budget inzwischen ausgeschöäpft und auch überstiegen hat. Zu den Ländern, die unter ihrem Budget geblieben sind, zählen auch Bangladesch, Pakistan, Nigeria, Vietnam und Äthiopien. Der globale Süden ist am meisten beeinträchtigt Laut Hickel sind die EU-Staaten inklusive Großbritannien damit für 29 Prozent des zu viel ausgestoßenen CO2 verantwortlich. Der Rest Europas steuert weitere 13 Prozent hinzu. Zusammen mit den USA ergeben sich damit 72 Prozent des übermäßigen CO2-Ausstoßes – das ist eine ganze Menge. Die anderen Staaten des globalen Nordens, zu dem Hickel noch Kanada, Australien, Neuseeland, Japan und Israel zählt, kommen auf weitere 10 Prozent. Somit verbleiben 8 Prozent für den Rest der Welt. Hickel spricht daher von einer atmosphärischen Kolonialisierung – die reichsten Staaten der Welt sind auch für den erschlagenden Anteil der CO2-Emissionen verantwortlich. Die Folgen diesen laxen Umgangs mit dem Klima treffen aber vorerst vor allem den globalen Süden. Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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