Der Klimawandel macht sich mehr und mehr bemerkbar. Im vergangenen Jahr hat Grönland mehr Eis verloren als jemals zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Eismassenbilanz des Landes, die das Verhältnis zwischen Schneefall und Eisverlust bezeichnet, lag 2019 320 Milliarden Tonnen unter dem Durchschnitt. Dafür ist hauptsächlich ein stabiles Hochdruckgebiet verantwortlich, dass in Südgrönland lange starke Sonneneinstrahlung und in Nordgrönland wärmende Wolken brachte.


Eisberg Arktis
Foto: Iceberg, Rghrous, Flickr, CC BY-SA 2.0

Grönlands Eisschild ist das zweitgrößte Eisreservoir der Welt

Grönland beherbergt nach der Antarktis das weltweit zweitgrößte Eisreservoir. Auch an solchen gewaltigen Eisvorräten nagt der Klimawandel. In den letzten zehn Jahren hat sich die Schmelzrate in Grönland vervierfacht. Beschleunigt wird dies von sommerlichen Schmelzwassertümpeln, subglazialen Seen und großen Eisplatten.

Neben dem langsamen Abtauen durch steigende Mitteltemperaturen verliert Grönland zusätzlich Eis durch ungewöhnlich warme Sommer, wie eine Studie enthüllt. 2019 kam es zu einem neuen Negativrekord in der Eismassenbilanz, dem Verhältnis zwischen Eiszugewinn durch Schneefall und Eisverlust durch Abtauen und Kalben der Gletscher. „ Das ist wie bei einem Bankkonto: Wenn man mehr ausgibt als einnimmt, schreibt man rote Zahlen – das passiert gerade in Grönland„, so Marco Tedesco von der Columbia University in New York, der gemeinesam mit Xavier Fettweis von der Universität Liége die Studie leitete. Die Forscher haben Wetterdaten sowie die von Satelliten registrierten Mikrowellenreflexionen des grönländischen Eisschilds ausgewertet. So konnten die beiden Wissenschaftler die Eismassenbilanz des vergangenen Jahres ermitteln.


2019: So viel Eisschmelze wie nie zuvor

Die Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass der Eisverlust 2019 in mehrere Hinsicht Rekorde aufstellte: „ Die Schmelzdauer übertraf das langjährigen Mittel von 1981 bis 2010 im Westen Grönlands um 40 Tage, im restlichen Eisschild um 20 Tage„, so die Wissenschaftler. Die Abtauphase begann außerdem bereits Mitte April, also ungewöhnlich früh, und erstreckte sich über insgesamt 96 Prozent des Eisschilds, was ein Drittel mehr ist als im langjährigen Mittel.

Den absoluten Negativrekord stellte das Jahr 2019 indes in Bezug auf die Eismassenbilanz auf: Statt 375 Milliarden Tonnen Schnee fielen letztes Jahr nur 50 Milliarden Tonnen, sodass der grönländische Eisschild ungewöhnlich viel Eis verlor. Seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1948 habe es einen derartigen Verlust noch nicht gegeben. Durch den Eisverlust allein in Grönland letztes Jahr wurde der globale Meeresspiegel um 1,5 Millimeter angehoben.

As Ursache identifizierten die Forscher eine ungewöhnlich langanhaltende Hochdruckperiode, die die grönländische Eisschmelze deutlich verschärfte. Ein Hochdruckgebiet aus dem Südosten sorgte dafür, dass wärmende Sonnenstrahlen im Süden ungehindert auf das Eis treffen konnten. Das zusätzliche Fehlen isolierenden Schnees verschärfte den Effekt noch.

Gleichzeitig transportierten die Außenbereiche des Hochdruckwirbels warme und feuchte Luft vom Atlantik an die Westküste des Landes. Die Folge war Wolkenbildung über dem normalerweise kalten Norden, die die darunter liegenden Gebiete weiter wärmten.

Abgeschwächter Jetstream ist Teil des Problems

In Kombination führten all diese Umstände zu dem höchsten jährlichen Verlust von Eis, den Grönland seit Beginn der Aufzeichnungen erleiden musste. Zudem übertraf die Dauer der Hochdrucklage alle in Grönland dokumentierten Wetterlagen bei weitem. Als Ursache vermuten die Forscher den Klimawandel und die damit verbundenen Veränderungen der großräumigen Luftströmungen. „ Die Schmelzdauer übertraf das langjährigen Mittel von 1981 bis 2010 im Westen Grönlands um 40 Tage, im restlichen Eisschild um 20 Tage„, erklären die Forscher.

Normalerweise ist der in Wellen um die Nordhalbkugel ziehende Jetstream dafür verantwortlich, dass Hoch- und Tiefdruckgebiete rund um den Globus getrieben werden. Die Schwächung des Jetstreams durch den Klimawandel sorgt dafür, dass die Druckgebiete länger über einem Gebiet verweilen, was unter anderem zu extremen Sommern wie 2018 in Europa führte.

Die Schmelzdauer übertraf das langjährigen Mittel von 1981 bis 2010 im Westen Grönlands um 40 Tage, im restlichen Eisschild um 20 Tage„, so Tedesco. Scheinbar ist der Eisschild in Grönland nicht nur durch die steigenden Durchschnittstemperaturen, sondern auch durch extreme Sommerbedingungen gefördert.

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