Das Thema Erderwärmung beherrscht Diskussionen rund um den Klimawandel spätestens seit 2015 – das Jahr, in dem das Abkommen von Paris geschlossen wurde. In ihm einigten sich 197 Staaten auf ein globales Klimaschutzabkommen, zu dessen Hauptzielen es zählte, die Erwärmung unseres Planeten auf 1,5 Grad über dem Durchschnittswert vor der industriellen Revolution zu begrenzen. Dieser Wert wird von der Jahresmitteltemperatur im Jahr 2024 zum ersten Mal überschritten werden. Und eine neue KI-Analyse zeigt, dass viele Regionen der Erde bereits Mitte dieses Jahrhunderts die Drei-Grad-Schwelle reißen könnten. Zu diesen Gebieten zählen unter anderem auch Mitteleuropa, das Mittelmeer, Südasien sowie Teile Afrikas. Insgesamt werden 31 von 34 untersuchten Regionen bereits 2040 die Zwei-Grad-Schwelle erreichen. 26 dieser Regionen werden dann bis 2060 die Drei-Grad-Schwelle überschreiten. Das klingt in den Ohren vieler Menschen weiterhin nicht nach einer drastischen Erwärmung. Die Folgen könnten allerdings erheblich sein.


Die Erderwärmung schreitet weiter voran

Bereits 2023 prognostizierte eine Studie das weltweite Überschreiten der Zwei-Grad-Schwelle für die 2040er-Jahre. Die fortschreitende Erwärmung verläuft allerdings nicht überall gleich schnell. Die Arktis etwa erwärmt sich derzeit doppelt so schnell wie der Rest ‚der Welt. Aber auch Mitteleuropa liegt global betrachtet über dem Durchschnitt. „ Es ist daher wichtig, nicht nur auf die globalen Temperaturen zu schauen, sondern auch auf die spezifischen Veränderungen auf lokaler und regionaler Ebene„, so Noah Dittenbaugh von der Stanford University, der an der neuen Analyse beteiligt war.


Die gängigen, üblicherweise verwendeten Klimamodelle sind zum großen Teil bereits bei regionalen Prognosen überfordert. „Die Herausforderung besteht zum einen darin, dass das Klimasystem in kleineren räumlichen Skalen ‚verrauschter‘ und weniger berechenbar ist„, erklärt Dittenbaugh weiter. Hinzu komme die Unsicherheit in der Modellierung globaler Prozesse, die sich in regionalen und lokalen Modellen noch deutlicher Auswirken. Wie genau eine bestimmte Region auf globale Veränderungen reagieren wird ist daher nur schwer vorauszusagen.

KI soll Klimaprognosen verbessern

Dank KI könnte sich das nun ändern. „KI kann zu einem machtvollen Werkzeug werden, um diese Unsicherheiten in den Klimaprognosen zu verringern. Diese KI-Systeme lernen anhand der vielen schon existieren Klimasimulationen. Sie verfeinern ihre Prognosen dann aber auf Basis von Beobachtungsdaten aus der realen Welt„, erklärt Elizabeth Barnes von der Colorado State University, Erstautorin der Studie.

Das Team trainierte mehrere neuronale Netzwerke und nutzte dabei die Daten von zehn globalen Klimamodellen aus dem CMIP6-Projekt. Jedes der KI-Systeme war dabei auf eine andere Region der Erde konzentriert. Die Modelle sollten die Temperaturentwicklung der insgesamt 34 Regionen rekonstruieren. Als dieses Grundlagentraining abgeschlossen war, wurden alle Modelle einem Finetuning unterzogen – die Forscher:innen ließen sie ihre Prognosen mit einer Karte von Temperaturanomalien im Jahr 2023 vergleichen.

Die 3-Grad-Schwelle ist näher als wir denken

Die Modellierungen führten zu Prognosen, die sich damit auseinandersetzen, wann einzelne Regionen die Schwellenwerte von 1,5, zwei und drei Grad im mehrjährigen Durchschnitt übersteigen werden. Die 1,5-Grad-Marke wird den Analysen zufolge spätestens 2040 in allen Regionen der Erde überschritten sein. Der Großteil der irdischen Landfläche, unter anderem auch Europa, liegt bereits jetzt über diesem Wert.

Die Erwärmung um zwei und drei Grad wird in den meisten Regionen den Analysen zufolge früher erreicht werden als zuvor erwartet. Die Wahrscheinlichkeit für eine Erwärmung um zwei Grad bis 2040 geben die Forscher:innen in 31 der 34 untersuchten Regionen als sehr hoch an. 26 der Gebiete wiederum könnten bis 2060 sogar die Schwelle von drei Grad Erwärmung überschreiten.

Die Forscher:innen gehen davon aus, dass die von künstlicher Intelligenz unterstützte Klimamodellierung neue Möglichkeiten bietet, um entsprechende Klimaprognosen zu verbessern. „Unsere Arbeit unterstreicht, wie wichtig es ist, innovative KI-Techniken auch in die Klimamodellierung zu integrieren„, so Barnes. Besonders betroffene Regionen könnten sich so frühzeitig auf die Zukunft vorbereiten und entsprechende Anpassungen einleiten. „Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Erwärmung in vielen Regionen schon in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten erreicht werden, bringt große Risiken mit sich„, so die Forscher:innen. Und es wird nicht einfach nur wärmer werden: Die steigenden Temperaturen gehen mit deutlichen Folgen für Wasserressourcen, Nahrungssicherheit, Ökosysteme und Wetterextreme einher.

via Environmental Research Letters

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