Die Kernbotschaften, die sich im kürzlich veröffentlichten Syntheseberichts des Weltklimarats IPCC wiederfinden, dürften für die meisten Menschern nicht neu sein. In diesem Bericht werden die Inhalte der vorangegangenen drei Teilberichte, die den sechsten Sachstandsbericht ausmachen, noch einmal zusammengefasst. Das macht die Botschaften allerdings nicht weniger drastisch: Sollte sich die Situation nicht merkbar verändern, werden wir noch in diesem Jahrzehnt, spätestens aber im nächsten, die Schwelle von 1,5 Grad Erderwärmung überschreiten. Bereits jetzt sind 1,1 Grad erreicht. Das bedeutet auch, dass sich das Zeitfenster, in dem wir dem Klimawandel effektiv entgegentreten können, rapide schließt. Die Treibhausgasemissionen müssen gesenkt werden Im August 2021 veröffentlichte die IPCC-Arbeitsgruppe 1 ihre Erkenntnisse zum Stand des Klimawandels sowie zu dem noch verbleibenden CO2-Budget. Im Februar 2022 folgte dann der zweite Teilbericht, in dem die bereits eingetretenen und noch zu erwartenden Folgen des Klimawandels behandelt wurden. Der dritte Teilbericht schließlich behandelte die nötigen Klimaschutzmaßnahmen. In seinem Synthesebericht zum sechsten Weltklimabericht hebt das IPCC den Ernst der Lage noch einmal hervor. Nach aktuellen Daten sind wir im globalen Mittel bereits jetzt bei einer Erwärmung von 1,1 Grad gegenüber den präindustriellen Durchschnittswerten von 1850 bis 1900. Betrachtet man nur die Landflächen, beträgt die Erwärmung bereits jetzt 1,59 Grad. „Die globalen Oberflächentemperaturen sind seit 1970 schneller angestiegen als in jeder anderen 50-Jahres-Periode der letzten 2000 Jahre„, heißt es in dem Bericht. Und weiter: „Jede noch so kleine Zunahme der globalen Erwärmung wird multiple und gleichzeitig auftretende Gefahren verstärken. Das Zeitfenster, in dem eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle gesichert werden kann, schließt sich rapide. Die in diesem Jahrzehnt getroffenen Entscheidungen und durchgeführten Maßnahmen werden sich für tausende Jahre auswirken.“ Wirklich neu sind diese Erkenntnisse nicht. Und obwohl dieses Wissen allgemein verfügbar ist, konnte sich die Menschheit bisher nicht dazu durchringen, Maßnahmen zu ergreifen, die die Treibhausgasemissionen senken. 2019 überschritt die CO2-Konzentration in der Atmosphäre erstmals den Rekordwert von 410 parts per million (ppm). Ein höherer Wert wurde in den letzten zwei Millionen Jahren nie erreicht. Die Tatsache, dass die CO2-Emissionen pandemiebedingt 2020 kurzzeitig absanken, konnte den Trend zu mehr Treibhausgasemissionen nicht brechen. Dringender Handlungsbedarf In dem Synthesebericht machen die Klimaforscher:innen des IPCC erneut deutlich, wie dringend der Handlungsbedarf ist. „ Alle globalen modellierten Pfade, die die Erwärmung ohne oder mit begrenzter Überschreitung auf 1,5 Grad begrenzen, und diejenigen, die die Erwärmung auf 2 Grad begrenzen, beinhalten schnelle, tiefgreifende und in den meisten Fällen sofortige Senkungen der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren noch in diesem Jahrzehnt„, schreiben sie. Es sei zwingend erforderlich, einen schnellen und weitreichenden Wandel in allen Sektoren und Systemen herbeizuführen. Anders seien anhaltende und deutliche Minderungen der Emissionen nicht zu erreichen. Diese seien jedoch notwendig, um eine lebenswerte Zukunft für die Menschheit zu sichern. Für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze müssten die globalen CO2-Emissionen laut IPCC bis 2030 etwa um die Hälfte und bis 2050 um mindestens drei Viertel, besser noch auf Netto-Null gesenkt werden. Die bisher getroffenen Maßnahmen seien aber weit entfernt von ausreichend. Das gelte sowohl für den Klimaschutz als auch für die Anpassungen an die Folgen des Klimawandels. „Die meisten Anpassungen sind fragmentarisch, inkrementell, sektorspezifisch und ungleich über die Regionen verteilt. Der Synthesebericht unterstreicht die Dringlichkeit ehrgeizigeren Handelns und zeigt, dass wir bei sofortigem Handeln noch immer eine lebenswerte Zukunft für uns alle sichern können„, so der IPCC-Vorsitzende Hoesung Lee. Zusätzlich erteilte der Weltklimarat auch eine Absage an eine in der Politik beliebte Argumentationsstruktur. Dort wird häufig darauf verwiesen, man wolle auf künftige Technologien setzen, sodass es unproblematisch sei, das 1,5- oder gar das zwei-Grad-Ziel zu überschreiten. Man könne das überschüssige CO2 im Nachgang einfach aus der Atmosphäre entfernen. Das IPCC wies darauf hin, dass CO2-Capture-Techniken zwar jetzt bereits unverzichtbar seien, um die Klimaziele überhaupt noch erreichen zu können, aber einige Prozesse mit hoher Wahrscheinlichkeit irreversibel oder zumindest in ihren Auswirkungen über Jahrhunderte und Jahrtausende spürbar seien. „Der Bericht zeigt sehr deutlich auf, mit welchen brachialen Risiken das verbunden wäre. Es geht um den unumkehrbaren Verlust einiger Ökosysteme, auch anderer Dinge. Denken Sie an den Gletscherschwund zum Beispiel. Denken Sie an das Absterben von Korallenriffen. Da ist es relativ egal, ob wir nach drei Dekaden wieder zurückkommen würden. Wenn diese Systeme einmal verloren sind, sind sie unwiderruflich verloren„, so Matthias Garschagen von der LMU München, der einer der Leitautoren des 6. Sachstandsberichtes ist. Finanzierung: Internationale Kooperation ist unumgänglich Ein anderer wichtiger Punkt, auf den der Synthesebericht eingeht, ist die Finanzierung von Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel. „Wenn die Klimaziele erreicht werden sollen, müsste die Finanzierung sowohl für Anpassung als auch für die Minderung des Klimawandels um ein Vielfaches steigen. Es ist ausreichend globales Kapital vorhanden, um die globalen Investitionslücken zu schließen, aber es gibt Hürden für die Umlenkung von Kapital in Klimamaßnahmen„, heißt es in dem Bericht. Es gehe maßgebnlich auch darum, dass die Entwicklungs- und Schwellenländer ärmere Länder bei ihren Klimaschutzmaßnahmen unterstützen. Denn dort seien die Menschen nicht nur überproportional stark von den Folgen des Klimawandels betroffen, sondern ein effektiver Klimaschutz sei ohne Hilfe von außen nicht umsetzbar. Um den globalen Klimawandel aufzuhalten, sei es aber auch notwendig, dass die ärmeren Länder mitziehen können. „Internationale Kooperation ist eine entscheidende Voraussetzung, um ehrgeizige Klimaschutz-Maßnahmen, Anpassung und eine klimaresiliente Entwicklung zu erreichen„, heißt es in dem Bericht. via IPCC Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter