Nahezu jeder wird sich an die Tsunamis erinnern, die am 26. Dezember 2004 nach einem Erdbeben im Indischen Ozean entstanden und Küstenstriche in 14 Ländern verwüsteten und dabei etwa 280.000 Menschen töteten. Solchen Naturgewalten haben wir als Menschheit auf den ersten Blick nicht viel entgegenzusetzen. Wir können nur daran arbeiten, möglichst früh vor ihnen gewarnt zu werden, damit sie so wenig Schaden wie möglich anrichten können. Dr. Usama Kadri von der School of Mathematics der Cardiff University glaubt jedoch, dass wir eines Tages mehr gegen Tsunamis machen können. Nach seiner Theorie lassen sich Akustik-Schwerewellen verwenden, um Tsunamis abzuschwächen oder sogar zu eliminieren. Foto: tsunami sign, Karyn Christner, Flickr, CC BY-SA 2.0 Mit Gegenwellen gegen Tsunamis Tsunamis entstehen durch seismische Ereignisse wie Erdbeben oder Erdrutsche auf dem Meeresboden. Es handelt sich um Schockwellen im Wasser, die Tausende Kilometer lang sind und sich sehr weit ausbreiten können. Auf dem offenen Meer sind sie kaum wahrzunehmen – Schiffe steigen und fallen auf der Welle wie auf einer normalen Welle. Wenn der Tsunami aber auf flachere Gewässer in Küstennähe trifft, dann läuft er auf und wird zu einer gewaltigen Flutwelle, die ganze Städte zerstören kann. Wer Videos von einem der Tsunamis 2004 gesehen hat, der wird die Bilder so schnell nicht vergessen. Tsunamis generieren akustische Schwerewellen oder im Englischen „acoustic gravity waves“ (kurz: AGWs). Dabei handelt es sich um Druckwellen, die von der Schwerkraft beeinflusst werden. Kadri ging ursprünglich davon aus, dass er diese Wellen nutzen könnte, um ein besseres Verständnis von Tsunamis zu gewinnen und bessere Frühwarnsysteme zu entwickeln. Nun gehen er und sein Team allerdings davon aus, dass AGWs genutzt werden könnten, um Tsunamis zu bekämpfen, während sie noch weit draußen auf dem Meer sind. Die Idee ist noch hochtheoretisch So wie Schallwellen in Kopfhörern mit Noise-Cancelling-Systemen genutzt werden können, um ungewollte Außengeräusche zu bekämpfen, könnten AGWs nach Kadris Vorstellung auf Tsunamis „abgefeuert“ werden, um ihre Wellenform zu durchbrechen und ihre Amplitude zu verringern. Wenn der Tsunami eine Küste erreicht, wäre er so bereits deutlich abgeschwächt und würde weniger Schaden verursachen. Wenn es möglich wäre, die AGWs in Serien zu senden, könnte ein Tsunamis so sogar mitten auf dem Ozean eliminiert werden. Bisher befindet sich Kadris Theorie aber noch in einer sehr frühen Phase. Der Mathematiker hat seine Vermutungen im Detail mit mathematischen Beweisen hinterlegt. Die Schwierigkeit an der Idee wäre jedoch, derart kraftvolle AGWs zu erzeugen. Außerdem müssten Frühwarnsysteme in der Lage sein, den Tsunami ausführlich zu analysieren, sodass die Anti-Tsunami-Welle entsprechend konfiguriert werden könnte. „In practice, generating the appropriate acoustic-gravity waves introduces serious challenges due to the high energy required for an effective interaction with a tsunami. However, this study has provided proof-of-concept that devastating tsunamis could be mitigated by using acoustic-gravity waves to redistribute the huge amounts of energy stored within the wave, potentially saving lives and billions of pounds worth of damage„, erläutert Kadri. Auch wenn wir von einem funktionierenden System sehr weit entfernt sind: Es ist ein beruhigender Gedanke, dass es eines Tages gelingen könnte, gefährliche Tsunamis komplett zu eliminieren, bevor sie eine Küste erreichen. Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter