Der Verkehrssektor ist so etwas wie das Sorgenkind der deutschen Klimapolitik. Denn seit dem Referenzjahr 1990 sind die Emissionen in diesem Bereich nicht signifikant gesunken. Die Politik lässt daher auch in diesem Jahr nichts unversucht, um die nötige Verkehrswende endlich zu realisieren. So wurde der Umweltbonus für Elektroautos gleich zweimal erhöht. Gleichzeitig legte die Regierung eine neue Wasserstoffstrategie vor, die dafür sorgen soll, dass auch Autos mit Brennstoffzelle vermehrt den Weg auf die Straße finden. Das Unternehmen Verbio aus dem deutsch-polnischen Grenzgebiet in Brandenburg postuliert hingegen einen vollkommen anderen Ansatz: Die Firma will den Verbrennungsmotor gar nicht ersetzen, sondern ihn lediglich mit anderen Treibstoffen befüllen. Statt Benzin und Diesel soll sauberes Bio-Erdgas die Autos antreiben.


Bild: © Superbass / CC-BY-SA-4.0 (via Wikimedia Commons)

Die „Tank oder Teller“-Diskussion gehört der Vergangenheit an

Ganz neu ist die Idee nicht. Denn schon vor vielen Jahren trat eine EU-Richtlinie inkraft, die die Verwendung von mehr Biokraftstoffen festschrieb. Das Problem allerdings: Die Folgen wurden nicht ausreichend bedacht. Denn an vielen Orten wurden nun Nutzpflanzen für die Produktion von Kraftstoffen angebaut. Die Landwirtschaft musste daher ausweichen – was nicht selten zur Rodung von Wäldern führte. Alles in allem verbesserte sich die Klimabilanz durch den stärkeren Einsatz der neuen Kraftstoffe daher nicht. Folgerichtig gibt es auch die EU-Richtlinie so nicht mehr. Die Firma Verbio will aus diesen Erfahrungen aber gelernt haben. So wird zur Produktion des Bio-Erdgases ausschließlich Stroh und Schlempe verwendet. Bei letzterem handelt es sich um ein Abfallprodukt aus der Bioethanolproduktion. Das Versprechen des Unternehmens: Schon vier Ballen Stroh reichen aus, um ein Auto ein Jahr lang anzutreiben.

Die nächsten Standorte sind im Ausland geplant

Tatsächlich existiert bereits seit einiger Zeit eine entsprechende Produktionsanlage im brandenburgischen Schwedt. In diesem Jahr wurde zudem ein weiterer Standort in Pinnow in Betrieb genommen. Noch allerdings handelt es sich um ein echtes Nischenprodukt. Denn der Anteil der Erdgasautos an den neu zugelassenen Fahrzeugen in Deutschland liegt bei lediglich 0,2 Prozent. Das Bio-Gas von Verbio wiederum wird nur an 116 von 14.000 Erdgas-Tankstellen in Deutschland verkauft. In anderen Ländern hingegen scheint die Nachfrage größer zu sein. So plant das Unternehmen den Aufbau neuer Standorte in Nordindien sowie den US-Bundesstaaten Nevada und Iowa. Das Bundesumweltministerium wiederum will die Technologie auch in Deutschland weiter voranbringen. So sollen in den nächsten Monaten zusätzliche Marktanreize geschaffen werden. Auch eine Erhöhung der Mindestquote für fortschrittliche Biokraftstoffe ist angedacht.


Via: Business Insider

2 Kommentare

  1. Andro Wegner

    6. Juli 2020 at 12:52

    Man muss das mal durchrechnen, wie viele Strohballen es braucht, um 45 Millionen Autos zu bewegen. Wie viel Land nötig ist, um das Stroh zu gewinnen. Welche Ausgangspunkte braucht das Bioethanol? Ich schätze, es gibt effizientere Methoden, den Energie-Bedarf von Autos zu decken. Wenn das Stroh ein Abfallprodukt ist und das Bioethanol aus der Abgasreinigung schmutziger Kraftwerke stammt, könnte es zumindest eine Übergangslösung sein. Aber auch das nur für eine Gesellschaft, die weniger schwerfällig reagiert als unsere. Dieses Konzept vor 20 Jahren wäre vielleicht nützlich gewesen.

  2. Olaf Barheine

    6. Juli 2020 at 14:08

    Selbst wenn in Zukunft nur doch die Hälfte der Autos auf Deutschlands Straßen herumjuckeln würden, wie es sehr erstrebenswert wäre, bräuchte es dafür noch einer Menge Strohballen.

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