Viele Menschen haben Angst vorm Sterben. Bei einigen von ihnen ist diese Angst so groß, dass sie sich nach ihrem Tod einfrieren lassen wollen, in der Hoffnung, irgendwann wieder erweckt werden zu können. Auch wenn es bereits Unternehmen gibt, die entsprechende Dienste anbieten, steckt die Kryonik noch in den Kinderschuhen. Das Einfrieren von Gewebe, Organen und Zellen ist jedoch bereits wissenschaftlicher Alltag. Doch auch hier sind die Methoden noch nicht perfektioniert. Egal, ob es um die Kryonik oder das Einfrieren von Organen geht: Die Wissenschaft kann hier noch viel dazulernen, und es schadet nicht, sich dabei am Tierreich zu orientieren. Foto: He who shoots first gets frozen longest. lrosa, CC BY-SA Kryopreservation ist bereits heute Realität Die Entwicklung von neuen, verbesserten Methoden zum Einfrieren von lebenden Gewebe hätte nicht nur Auswirkungen auf die Kryonik, sondern auch sofort spürbare Folgen: Beispielsweise ist einer der Gründer für den allgemeinen Mangel an Spendenorganen die Tatsache, dass diese oft nicht mehr transplantationsfähig wären, bis sie bei einem passenden Spender ankommen. Auch Thrombozyten, die ein wichtiges Element der Notfallmedizin sind, sind mit den aktuellen Methoden lediglich 8 Tage lang haltbar. Der Schlüssel zum benötigten Verständnis für besser Methoden zum Einfrieren von Gewebe liegt in der Erkenntnis, dass der menschliche Körper zu über zwei Dritteln aus Wasser besteht. Dies resultiert erst einmal in einem Problem: Wenn Wasser gefriert, dann bilden sich Eiskristalle, die sowohl Zellen als auch Gewebe beschädigen. Eiskristalle benötigen mehr Platz als Wasser, gefrorene Zellen platzen dadurch einfach. Um dieser Problematik entgegenzutreten, wurden mehrere Methoden entwickelt. Eine davon sind organische Lösungsmittel, die das physikalische Verhalten von Wasser ändern, sodass es unter Kältewirkung in einen glasartigen Zustand übergeht, anstatt Eiskristalle auszubilden. Bei einer anderen Methode werden die Zellen vor dem Einfrieren dehydriert, sodass mehr Platz für die sich ausbreitenden Kristalle vorhanden ist. Der Erfolg beider Methoden manifestiert sich in der Geburt von Tausenden von Kindern auf Basis gefrorener Embryos. Inspiration aus der Natur Trotz dieses Erfolges gibt es eine Vielzahl an Zell- und Gewebetypen, die nicht eingefroren werden können. Außerdem wäre es von großem Vorteil, die benötigte Menge an organischen Lösungsmitteln bei aktuellen Methoden zu verringern. Im Idealfall sollte am Ende des Vorgangs kein Lösungsmittel mehr in den Zellen vorhanden sein. Und sei es noch so organisch. Viele Forschungsprojekte schauen momentan in die Natur, um sich inspirieren zu lassen. So gibt es beispielsweise mehrere Froscharten, die überleben können, auch wenn sie völlig eingefroren werden. Dies erreichen sie, indem sie vor dem Einfrieren die Konzentration von Zucker in ihren Zellen massiv erhöhen. Fische, die in der Antarktis bei Wassertemperaturen unter 0°C überleben müssen, nutzen hierfür sogenannte Frostschutz-Glykoproteine. Glykoproteine zur Lösung der Probleme Diese Proteine sorgen für einen niedrigeren Gefrierpunkt bei Wasser (wie Frostschutz bei Autos) und verhindert die Bildung von Eiskristallen im Körper des Fischs. Diese Glykoproteine könnten der Schlüssel zum Entwickeln von besseren Methoden zur Kryopreservation sein. Die Anwendungsmöglichkeiten derartiger Methoden gehen weit über die Kryonik und das Einfrieren von Geweben hinaus. So kann beispielsweise die menschliche Zunge Eiskristalle ab einer Größe von 50 Mikrometern wahrnehmen. Die Speiseeis-Industrie sucht daher seit Jahren nach einer Methode, um Eis mit kleineren Kristallen herzustellen. Wie so oft gibt es aber ein Problem: Frostschutz-Glykoproteine sind teuer und nicht leicht herzustellen. Um dieses Problem zu umgehen, arbeiten momentan mehrere Forscherteams weltweit daran, synthetische Polymer herzustellen, die die gleichen Funktionen erfüllen. Mit dieser Methode möchten sie die Methoden zum Einfrieren mehrerer Zelltypen verbessern, was in mittelfristiger Zukunft auch Auswirkungen auf die Kryonik haben dürfte. Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
Ohne Brillen oder Kontaktlinsen: So soll Kurzsichtigkeit schon in jungem Alter unter Kontrolle gebracht werden