Das Post-Covid-Syndrom, das auch als Long Covid bezeichnet wird, ist bisher alles andere als hinreichend erforscht. Zu seinen Symptomen gehören unter anderem Fatigue, Depressionen und eine allgemeine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten. Wie es entsteht, ist jedoch nach wie vor ein Rätsel. Forscher:innen der Tierärztlichen Hochschule Hannoverhbhg4 haben nun in Tieren mit Long-Covid-Symptomen Veränderungen im Gehirn gefunden, die auch bei langsam fortschreitenden neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinsons auftreten. Neurologische Symptome durch Proteinfehlfaltungen? Die Entdeckung der Forscher:innen der Tierärztlichen Hochschule Hannover sind ein deutliches Zeichen, dass eine SARS-CoV-2-Infektion direkte Wirkung auf das Gehirn entfaltet. Dabei verändern Proteine der Nervenzellen ihre Struktur, nachdem die Infektion selber bereits längere Zeit abgeklungen ist. Hintergrund sind Fehler in der Proteinbiosynthese, dem Vorgang, bei dem die Proteine in der Zelle produziert werden. Diese werden falsch gefaltet – ein Effekt, der normalerweise vor allem bei Alzheimer- und Parkinson-Patienten beobachtet werden kann. Die Forscher:innen konnten sogenannte Plaques in den Gehirnen von Tieren beobachten, die eine Covid-Erkrankung durchgemacht haben. Dabei handelt es sich um Proteinschichten, die sich auf den Nervenzellen anlagern und deren Funktion beeinträchtigen. Dies führt zu Konzentrations- und Gedächtnisstörungen – also den Symptomen, die neben der Erschöpfung eben auch bei Patienten mit Long Covid auftreten. Unser Gehirn gehört naturgemäß zu den am besten geschützten Bereichen in unserem Körper. Ein wichtiger Schutzwall ist die sogenannte Blut-Hirn-Schranke, die dafür sorgt, dass nur ausgewählte Stoffe aus dem Blutkreislauf in das Gehirn übergehen können. Die Blut-Hirn-Schranke schützt das Gehirn vor diversen Giftstoffen, Krankheitserreger und anderen unerwünschten Stoffen. Es gibt allerdings Viren, darunter etwa Influenza-, FSME- oder Herpesviren, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Dringt SARS-CoV-2 ins Gehirn? Ob und wie SARS-CoV-2 ins Gehirn gelangen kann, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Tatsache, dass bis zu 67 Prozent aller Covid-19-Erkrankten neurologische Symptome zeigen, spricht aber dafür, dass dies so ist. Zu den besagten neurologischen Symptomen gehören Schlafstörungen, kognitive Störungen, Kopfschmerzen, Depressionen, Gangstörungen und Erschöpfung. Einige dieser Symptome können die akute Infektion überdauern oder treten erst einige Zeit nach ihr auf. Eine Eintrittspforte, die Viren nutzen, um ins Gehirn zu gelangen, ist der Riechnerv. Dazu infizieren sie diesen durch die Riechschleimhaut und wandern dann durch ihn zum Gehirn. An den Stellen, an denen der Riechnerv durch den Schädel ins Gehirn gelangt, hat die Blut-Hirn-Schranke eine Lücke. Hier wacht das Immunsystem ganz besonders darüber, dass keine Fremdkörper wie etwa Viren ins Gehirn gelangen. Dabei werden Botenstoffe produziert, die das gesonderte Immunsystem des Gehirns aktivieren. Ein wichtiger Teil dieses Immunsystems sind Mikrogliazellen. Die Forscher:innen aus Hannover konnten nun zeigen, dass dieser Zelltyp nicht nur während einer SARS-CoV-2 Infektion auf das Virus reagiert, sondern dass die Zellen auch 14 Tage nach der Infektion noch aktiv bleiben. Erste Ansätze für Medikamente gegen Long Covid? Zeitgleich mit den Anzeichen von Long-Covid konnten die Forscher:innen bei den Versuchstieren dann auch die fehlgefalteten Proteine im Gehirn beobachten. Dabei ist besonders die Großhirnrinde betroffen. Defekte Alpha-Synuclein- und Tau-Proteine behindern dort die Nervenzellen in ihrer Funktion. Der Vergleich mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson liegt nahe. Auch bei diesen werden nur bestimmte Regionen im Gehirn betroffen und nicht das gesamte Organ. Dies sei charakteristisch für neurodegenerative Erkrankungen, erklärt Studienleiterin ranziska Richter Assencio. Die Fehlfaltungen bei Alpha-Synuclein und Tau könnte die Erklärung für die neurologischen Symptome sein. Dieser Verdacht muss nun in weiteren Studien untersucht werden. Langfristig könnte die Erkenntnis aber ein Ansatz für die Entwicklung von Medikamenten gegen Long Covid sein. via The Lancet Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter