Feinstaub schadet der Gesundheit – diese Erkenntnis ist nicht neu. Die Feinstaubbelastung ist weltweit für Millionen vorzeitige Todesfälle verantwortlich. Hinzu kommt der Verdacht, dass die ultrafeinen Partikel auch das Gehirn schädigen und kognitive Defizite fördern. Indizien dafür ließen sich bisher vor allem in Ballungsräumen mit hoher Luftverschmutzung wie etwa in China und Mexiko beobachten. Neue Erkenntnisse allerdings legen nahe, dass auch eine geringe längerfristige Feinstaub-Belastungen bereits zu messbaren kognitiven Defiziten führen können.


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ForscherInnen untersuchen Feinstaubproblem

Bisher war auch unklar, ob die Schädigung des Gehirns direkt durch die Feinstaubpartikel hervorgerufen wird oder ob es sich um einen indirekten Effekt handelt, der etwa auf geringere Durchblutung oder chronische Entzündungen zurückzuführen ist.

Ein Team rund um Benjamin Aretz von der Universität Rostock wollte nun mittels einer großangelegten Studie Klarheit schaffen und die möglichen kognitiven Effekte von geringen Feinstaub-Belastungen untersuchen. Die Daten, auf die die ForscherInnen zurückgriffen, stammten von 50.000 Menschen aus dem Nordosten der Niederlande, die sich bereit erklärt hatten, an einer Langzeitstudie teilzunehmen. Die Probanden lebten in Provinzen, die eine verhältnismäßig geringe Belastung mit Feinstaub aufweisen. An den Wohnorten der Teilnehmenden lag die Belastung mit Feinstaub mit einer Partikelgröße bis zu 2,5 Mikrometern zwischen 9,3 und 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, was deutlich unter dem EU-Grenzwert von 25 liegt. Die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sind da strenger und wurden kürzlich von zehn auf fünf Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel verschärft.


Das Forschungsteam führte an den Probanden Messungen der Lungenfunktion sowie standardisierte Tests der kognitiven Leistungen durch. Diese Ergebnisse wurden von allgemeinen Einflussfaktoren wie Geschlecht, Einkommen, Rauchen, Alter und Vorerkrankungen bereinigt.

Direkter Einfluss des Feinstaubs

Im Ergebnis stellten die ForscherInnen folgendes fest: „Wir haben festgestellt, dass eine höhere Belastung mit Feinstaub signifikant mit einer langsameren kognitiven Verarbeitung und einem schlechteren Abschneiden in den kognitiven Tests verknüpft war„, schreibt das Team. Dabei war ein Zusammengang zwischen der Dosis der Luftverschmutzung und den geistigen Leistungen zu beobachten. Pro Mikrogramm mehr Feinstaub in der Luft kam es zu einer zweiprozentigen Verlangsamung der Hirnleistungen. Mit der Studie konnten die ForscherInnen belegen, dass auch Feinstaubwerte unterhalb der EU-Grenzwerte die Hirnleistung beeinträchtigen. „Höhere Belastungen in anderen Regionen oder Ländern könnten sogar zu noch stärkeren Effekten führen, sollte dieser Dosis-Wirkungs- Zusammenhang nicht-linear sein„, heißt es weiter.

Im den Mechanismus hinter dem Effekt aufzuklären, untersuchte das Team die Rolle der Lungenfunktion bei den gemessenen kognitiven Beeinträchtigungen. Sie gilt als entscheidendes Indiz für einen indirekten Effekt, bei dem die Beeinträchtigungen also nicht direkt durch den Feinstaub herbeigeführt werden. Allerdings zeigte sich, dass die Defizite auch bei Probanden mit normaler Lungenfunktion auftraten. Es muss also einen direkten Effekt des Feinstaubs im Gehirn geben. „Die direkte Wirkung des Feinstaubs ist unseren Berechnungen nach für rund 97 Prozent der kognitiven Leistungseinbußen verantwortlich„, so die Forscherinnen.

Feinstaub ist ein Problem

Unseres Wissens nach ist unsere Studie damit eine der ersten, die die Bedeutung der direkten und indirekten Route von inhaliertem Feinstaub für die kognitiven Leistungen demonstriert„, fassten die WissenschaftlerInnen die Ergebnisse zusammen. Sie sehen in der Luftverschmutzung ein ernstzunehmendes Problem, das gelöst werden muss.

Politische Maßnahmen sollten daher in Zukunft darauf abzielen, die Luftschadstoffbelastung vor allem in unserem direkten Lebensumfeld zu reduzieren, da wir dort viel Zeit verbringen„, so Aretz.

via Universität Rostock

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