Die DNA ist das Kernelement jeden Lebens. Sie entscheidet, was ein Lebewesen ausmacht und enthält die Bauanleitung für alle Proteine, aus denen ein Lebewesen besteht. Bei Säugetieren hat alles seinen Ursprung in einer einzigen, befruchteten Eizelle, in deren Erbgut jede unserer Körperzellen codiert ist, egal ob es sich um eine Hautzelle, ein Neuron oder ein Blutkörperchen handelt. Zwei US-Forscher, die einen wichtigen Beitrag zur Klärung der Frage leisten, wie unsere Körper in der Lage sind, viele verschiedene Zellen und Gewebe auszubilden, obwohl jede Zelle die gleiche DNA enthält, erhielten nun den Medizin-Nobelpreis 2024. Victor Ambros und Gary Ruvkun haben durch ihre Forschung an Fadenwürmern entdeckt, dass sogenannte microRNA die Produktion nicht benötigter Proteine blockiert. In unserem Erbgut sind tausende Gene für Mikro-RNAs enthalten.


Bild: The Nobel Committee for Physiology or Medicine. Ill. Mattias Karlén

Auf der Spur eines Geheimnisses

Eine erste Antwort auf die Frage, wie identische DNA-Codes so viele verschiedene Zellen ausbilden können, gaben Forscher:innen in den 1960er Jahren, als sie die sogenannten Transkriptionsfaktoren entdeckten. Dabei handelt es sich um spezielle Proteine, die am Erbgut angelagert das Ablesen bestimmter Gene blockieren können. Allerdings ließ sich auch mit dieser Erkenntnis die Frage nicht vollständig klären.

Die beiden diesjährigen Nobelpreisträger haben dann in den 1990er Jahren eine bis dahin unbekannte, weitere Ebene der Genregulation entdeckt. Der entsprechende Vorgang findet erst nach dem Ablesen der Gene sowie der Produktion der sogenannten Messenger-RNA (mRNA) mit der Bauanleitung für die entsprechenden Proteine statt.


Die mRNA mit der Bauanleitung für ein Protein wandert für gewöhnlich vom Zellkern in das Plasma der Zelle, wo es von Ribosomen ausgelesen wird. Diese werden auch als Proteinfabriken der Zelle bezeichnet und stellen auf Basis der Informationen der mRNA die für das jeweilige Protein benötigten Aminosäuren zusammen. Bei Experimenten mit Farbenwürmern fanden Ambros und Ruvkun eine Mutation, die die Produktion eines bestimmten Proteins namens Lin-14 blockierte.

microRNA spielt eine wichtige Rolle im Körper

In Anschluss an diese Entdeckung machten die beiden Forscher sich auf die Suche nach der Ursache für dieses Phänomen. Dabei stellten sie fest, dass die Transkription der für das Protein benötigten mRNA auch bei den mutierten Fadenwürmern korrekt funktionierte. Allerdings gab es in den Zellen der Tiere zusätzliche, relativ kurze RNA-Stücke, die sich an die mRNA banden und ihr Ablesen teilweise unmöglich machten. Die Basenabfolge dieser RNA, die die Forscher auf den Namen microRNA tauften, passten genau auf eine Sequenz der mRNA von Lin-14 passte.

Die Forscher entdeckten kurze Zeit später eine weitere microRNA und bewies, dass diese RNA-Schnipsel nicht nur bei Fadenwürmen vorkommen, sondern in allen Tieren, einschließlich des Menschen.

Die Entdeckung von Ambrus und Ruvkun zeigt, dass neben den Genschaltern und chemischen Anhängen, die für die Steuerung der Ablesung von Genen verantwortlich sind, auch ein weitere Kontrollmechanismus greift: microRNA. Diese kleinen RNA-Schnipsel binden sich an verschiedene mRNAs und regulieren so die Produktion vieler Proteine gleichzeitig. Zudem kann ein Protein im Umklehrschluss durch mehrere verschiedene microRNAs blockiert werden.

Über diesen Mechanismus kann die Genaktivität und Proteinproduktion gesteuert werden, was es unserem Körper ermöglicht, mit einer universellen DNA derart viele Zelltypen zu erzeugen. „ Die regulatorische Rolle der Mikro-RNA umfasst das Timing der Embryonalentwicklung, die Entstehung und Stabilität von Zelllinien, die Physiologie und das homöostatische Gleichgewicht„, so dass Nobelpreis-Komitee.

Aktuelle Erkenntnisse zeigen, dass unser Erbgut tausende Gene für micoRNAs enthält. Diese RNA-Schnipsel spielen eine wichtige Rolle für die Differenzierung unserer Zellen, sie beeinflussen aber auch unsere innere Uhr und können eine Rolle bei unserer Lernfähigkeit spielen. MicroRNAs können allerdings auch dazu beitragen, dass Krebs entsteht. Zusätzlich könnte die mRNA eine wichtige Rolle für die Evolution und Weiterentwicklung des Lebens gespielt haben.

via NobelPrize.org

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