Etwa ein Drittel aller Menschen leidet unter vorübergehenden oder dauerhaften Bewegungsstörungen des Verdauungstraktes. Dies kann sich in Form von Störungen der Peristaltik des Magens oder Darms oder verengten oder blockierten Passagen im Verdauungstrakt äußern. Die Folge sind Symptome wie etwa Reflux, Reizmagen, chronische Verstopfung, Stuhlinkontinenz oder Koliken. Die Diagnose solcher Leiden ist oft schwierig und aufwändig. Mit einer neuartigen Kapsel, die mit einem Magnetsensor ausgestattet ist, sollen solche Diagnosen einfacher zu stellen sein. Bild: Sharma et al. Diagnose von Störungen des Verdauungssystems sind schwierig Für die Diagnose von Verdauungsstörungen müssen Patient:innen häufig Kontrastmittel schlucken und sich dann aufwändigen bildgebenden Verfahren wie etwa einer Kernspintomographie unterziehen. Zur Überprüfung der Peristaltik können auch Katheter mit Drucksensoren eingesetzt werden. Allerdings sind diese Methoden nicht optimal. „Besser wäre es, wenn die Überwachung der Verdauungstätigkeit unter Alltagsbedingungen stattfinden kann, durch nichtinvasive, mobile Methoden, die für den Patienten weniger beschwerlich sind„, schreiben Forscher:innen rund um Saransh Sharma vom California Institute of Technology. Es gibt zwar bereits Sensor- oder Videokapseln, die von Patient:innen geschluckt werden können, allerdings krankt diese Methode daran, dass nicht festgestellt werden kann, wo genau im Körper sich die Kapsel befindet. Die Übertragung ist außerdem auf etwa 12 Stunden beschränkt, was für eine komplette Passage zu kurz ist. Bewegungsstörungen lassen sich mit solchen Kapseln daher nur sehr schwer erkennen. Das Team des CalTech hat nun eine Sensorpille entwickelt, die ihre genaue Position im Verdauungstrakt auf fünf bis zehn Millimeter genau orten kann. Dies geschieht durch die Messung eines externen Magnetfelds. Patient:innen tragen eine Magnetspule in einem Rucksack bei sich, hängen sie an einen Stuhl oder legen sie unter ein Bettlaken. Das erzeugte Magnetfeld wird von einem kleinen Sensor in der verschluckten Kapsel gemessen. Kapsel misst Magnetfeld Während der Bewegung durch den Verdauungstrakt misst die Kapsel die Magnetfeldstärke um sich herum und überträgt die so gemessenen Daten über ein integriertes Funkmodul an ein Smartphone oder anderen Empfänger. Diese Daten können dann mit denen eines zweiten Sensors abgeglichen werden, der außen auf der Haut aufgeklebt ist. Dadurch kann die genaue Position der Kapsel ermittelt werden. „ Der externe Referenzsensor ist wichtig, weil der Mensch ja nicht immer exakt den gleichen Abstand zur tragbaren Magnetspule hat. Ohne die Referenz ist es daher schwer, die genaue Position der Kapsel zu ermitteln„, erläutert Koautor Khalil Ramadi von der New York University. Die Messung der Position der Kapsel findet dabei entweder in definierten Zeitabständen oder bei einem entsprechenden Befehl von außen statt. Die Forscher:innen haben das System in einem Experiment mit Schweinen ausprobiert. Das Verdauungssystem dieser Tiere ähnelt dem des Menschen. Die verschluckten Sensorkapseln wanderten über mehrere Tage hinweg durch das Verdaungssystem der Tiere. Das Team konnte die Positionen der Kapseln dabei mit der vorausgesagten Genauigkeit mitverfolgen. In den Tests wurden auch bereits Anomalien wie etwa eine Kot-Inkontinenz anhand der Kapselbewegungen diagnostiziert. Kapsel kann den Darm kartieren Mit den Kapseln können zudem die gewunden Kapseln des Darms zu kartieren. „Die erfolgreiche Rekonstruktion der Darmanatomie zeigt, dass die Kapsel auch komplexe und kurvenreiche Wege durch den Verdauungstrakt nachzeichnen kann. Diese sind durch andere bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Computertomografie oft schwer darstellbar„, so das Team. Die Forscher:innen gehen davon aus, dass ihre Kapsel, die sie auf den Namen iMAG getauft haben, neue Möglichkeiten eröffnet, Störungen in der Bewegung und Passage des Verdauungstrakts zu diagnostizieren. „Eine quantitative Messung der Transitzeiten im Magen und Darm ist essenziell, um Krankheitsbilder wie Magenlähmung, Reizmagen, Morbus Crohn, Reflux, chronische Verstopfung oder Stuhlinkontinenz zu diagnostizieren und zu behandeln. Die millimetergenauen Echtzeit-Messwerte der iMAG-Kapsel könnten daher von erheblicher klinischer Bedeutung sein„, so das Team weiter. Die in der Kapsel sowie in ihrem Zubehör verwendete Technik ist bereits heute marktüblich und relativ günstig, was das System gut skalierbar und für die Massenproduktion geeignet macht. In nächster Zeit wollen die Forscher:innen weitere Tests mit Schweinen und anderen großen Säugetieren durchführen, nach denen dann eine erste klinische Studie an Menschen stattfinden soll. via MIT Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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