Die Existenz von antibiotikaresistenten Bakterien sowie die steigende Bedrohung durch derartige Erreger wird gemeinhin dem übermäßigen Einsatz von Antibiotika in der Medizin und Tierzucht zugeschrieben. Forscher der Universität Queensland in Australien fand nun jedoch heraus, dass auch Pharmazeutika, die keine Antibiotika sind, zu der Bildung multiresistenter Bakterien beitragen können. Zu diesen Medikamenten gehören auch Antidepressiva wie etwa das weit verbreitete Fluoxetin. Antibiotika verlieren ihre Wirksamkeit Antibiotika waren in den letzten 100 Jahren von entscheidender Bedeutung in der Medizin und haben dazu beigetragen, dass zahlreiche früher sehr gefährliche und tödliche Krankheiten heute ganz oder nahezu ausgerottet sind. Allerdings sind Antibiotika heute nicht mehr ansatzweise so wirksam wie noch vor einigen Jahrzehnten. Die Bakterien haben sich angepasst, und es gibt immer mehr Bakterienstämme, denen Antibiotika nichts mehr anhaben können, so etwa der gefährliche Krankenhauskeim MRSA. Der Hauptmechanismus hinter diesem Effekt ist evolutionär: Antibiotika töten keine kompletten Bakterienpopulationen, sondern reduzieren sie lediglich auf ein sicheres Level. Die Bakterien, die dabei überleben, sind diejenigen, die den Antibiotika am meisten entgegenzusetzen haben. Nachdem dieser Effekt inzwischen jahrzehntelang anhält, sind eine Vielzahl resistenter Stämme entstanden. Antidepressivum begünstigt Resistenzen Die Forscher der Universität Queensland haben nun jedoch einen weiteren Mechanismus entdeckt, der zu der Bildung von Resistenzen beiträgt. Das Team wollte herausfinden, ob es Medikamente außerhalb der Klasse der Antibiotika gibt, die eine Rolle bei der Bildung multiresistenter Bakterienstämme spielen. Die Ergebnisse sind besorgniserregend. Die Forscher konzentrierten ihre Untersuchung auf das Medikament Fluoxetin, das sie in unterschiedlichen Konzentrationen bei Kolonien des E.coli-Bakteriums anwendeten. Die Konzentrationen reichten von 0 bis 100 mg/L. Anschließend konfrontierten die Forscher die Kolonien mit verschiedenen Antibiotika, um herauszufinden, ob sich neue Resistenzen ergeben haben. Dabei fand das Team Populationen, bei denen sich die Antibiotika-Resistenzen ergeben hatten. Besonders Populationen, die einer höheren Fluoxetin-Dosis ausgesetzt waren, zeigten Resistenzen gegen mehrere Antibiotika, darunter Amoxicillin und Tetracyclin. Das Team fand außerdem heraus, dass wiederholte Konfrontationen mit Fluoxetin die Resistenz erhöhten. Dies ist vor allem deshalb problematisch, weil etwa 11 Prozent des konsumierten Fluoxetin über den Urin in die Kanalisation gelangen und diese praktisch zu einer Zuchtstation für multiresistente Erreger machen. „ Fluoxetine is a very persistent and well-documented drug in the wider environment, where strong environmental levels can induce multi-drug resistance. This discovery provides strong evidence that fluoxetine directly causes multi-antibiotic resistance via genetic mutation„, so Jianhua Guo, der die Studie leitete. Der nächste Schritt für das Team ist es, zu untersuchen, ob Fluoxetin im menschlichen Darm ähnliche Effekte wie im Labor hat. Wäre dies der Fall, wäre das weit verbreitete Antidepressivum ein Faktor, der nicht unwesentlich zur Resistenzen-Bildung beiträgt. via University of Queensland Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter