Dass Moskitos Krankheiten verbreiten, ist längst kein Geheimnis mehr – das klassische Beispiel ist sicherlich Malaria. Forscher:innen gelang es nun, diesen Übertragungsmechanismus quasi zu übernehmen und Impfungen per Moskitostich zu verbreiten. In Studien mit menschlichen Probanden erreichte diese Übertragung eine Effektivität von 90 Prozent.


Impfstoff statt Krankheit

Die Herangehensweise ist erstaunlich simpel: Anstatt Moskitos als lästige, blutsaugende Parasiten zu betrachten, sah ein Team von Wissenschaftler:innen der London School of Hygiene and Tropical Medicine in den Tieren organische Impfstoff-Verteilsysteme, die ihre Methoden in Millionen Jahren Evolution perfektioniert haben. Wie sich herausstellte, mussten sie nicht einmal die Moskitos selber modifizieren.


Stattdessen machte sich das Team einen wesentlich kleineren Organismus zunutze: Plasmodium falciparum, einen einzelligen Organismus, der zu den für Menschen tödlichsten Parasiten zählt und Malaria verursacht. Dieser wird von weiblichen Moskitos der Art Anopheles auf Menschen übertragen.

Wenn ein Träger-Moskito einen Menschen sticht, werden bis zu 200 dieser winzigen Parasiten in seinen Kreislauf übertragen. Dort machen sie sich dann auf die Suche nach Leberzellen, in denen sie sich verstecken, vermehren und transformieren können. Innerhalb einer Woche werden nun aus einem dieser Parasiten mehr als 100.000. Die Einzeller machen sich dann auf die Jagd nach roten Blutkörperchen und vermehren sich zyklisch.

Malaria ist auch weiterhin ein großes Problem: Nach Schätzungen des CDC wurden 2022 etwa 249 Millionen Menschen mit der Krankheit infiziert – etwa 608.000 von ihnen starben. In vielen der Länder, in denen Malaria auftritt, ist die Infektion die häufigste Todesursache.

Die Forscher:innen fragten sich, ob und wie P. falciparumgenetisch so modifiziert werden könnte, dass es statt einem Krankheitsvektor eine Impfung überträgt. Das Team modifizierte die Parasiten schließlich so, dass sie weiterhin ihre normalen Verhaltensweisen durchliefen – zumindest bis sie sich in den Leberzellen niederließen.

Die modifizierten Parasiten stoppten ihre Entwicklung dann nach sechs Tagen, sodass es nicht mehr zu einer Freigabe der sekundären Parasiten in den Blutkreislauf kam. Stattdessen geben die modifizieren Parasiten eine Reihe Antigene frei, die das menschliche Immunsystem stärken und eine Antwort hervorrufen sollen, wenn ein nicht modifizierter Parasit eine Leberzelle infiziert.

An Menschen getestet

Das Team testete seine Herangehensweise dann an 43 Freiwilligen. In ersten Tests wurden 20 Proband:innen entweder 15 oder 50 Stichen von Moskitos ausgesetzt, die die modifizierten Parasiten trugen. Keiner der Freiwilligen zeigte Symptome einer blutbasierten Infektion, was die Sicherheit der Methode zeigten.

Anschließend wurden 23 weitere Freiwillige in einem Abstand von 28 Tagen drei mal je 50 mal von Moskitos gestochen. Dabei handelte es sich entweder um normale Moskitos oder solche mit normalen Parasiten. Nach drei Wochen wurden dann alle Proband:innen von Moskitos gestochen, die nicht modifizierte Parasiten in sich trugen.

Die drei Proband:innen, die von vornherein von nicht modifizierten Moskitos gestochen wurden, infizierten sich alle mit Malaria. Diejenigen, die vorher von den modifizierten Moskitos gestochen wurde, waren zu 89 Prozent geschützt. „Other than the itching associated with mosquito bites side effects were limited„, schreiben die Forscher:innen. Nun wollen sie weit größer angelegte Studien durchführen, um diese Ergebnisse zu bestätigen.

Zukunft der Methode ist unklar

Sollten diese Folgestudien ebenfalls erfolgreich verlaufen, wäre deutlich erwiesen, dass Moskitos Impfungen statt Krankheiten verbreiten können. Eines Tages könnten dann große Mengen Moskitos mit modifizierten Parasiten ausgesetzt werden, die dann Impfstoffe in der Bevölkerung verteilen können. So könnte auf gekühlte Lieferketten, Imfprogramme und ausgebildete Fachkräfte verzichtet werden.

Allerdings ist es noch nicht mal im Ansatz so weit. Die Moskitos mit den modifizierten Parasiten zu versehen ist derzeit noch sehr arbeitsintensiv – es dauert Wochen bis ein Moskito bereit ist. Es wäre aktuell also weder günstig noch zeiteffektiv, genug solcher Insekten bereitzustellen, um etwa eine ganze Stadt impfen zu können. Es müsste zudem auch noch erforscht werden, ob die Methode auch für andere Impfstoffe funktionieren würde.

Die Idee ist dennoch faszinierend – und zwar ausreichend, um weitere Forschung auf dem Gebiet zu rechtfertigen.

via Nature

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