Eigentlich war der Fahrplan klar: Spätestens 2038 sollte in Deutschland der letzte Kohlemeiler vom Netz gehen. Bis dahin war geplant, die Kapazität nach und nach immer weiter zu verringern. Selbst noch relativ neue Kraftwerke wurden daher bereits abgeschaltet. Doch der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat auch hier für einige Veränderungen gesorgt. Zwar steht der grundsätzliche Ausstiegsplan auch weiterhin. Momentan allerdings laufen die noch verbliebenen deutschen Kohlemeiler auf Hochtouren, um so wenig Gaskraftwerke wie möglich betreiben zu müssen. Gleichzeitig gehörte Russland in den vergangenen Jahren auch zu den größten deutschen Steinkohlelieferanten. Die Energiekonzerne hierzulande sind daher dringend auf der Suche nach neuen Lieferanten. Fündig geworden scheinen sie unter anderem am anderen Ende der Welt: In Kolumbien. Dort befindet sich die Mine El Cerrejón, die aktuell entscheidend dazu beiträgt, dass in Deutschland genug Strom und Wärme produziert werden kann.


Bild: Hour.poing, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons

Die Abbaumethoden in Kolumbien sind nicht unumstritten

Eröffnet wurde die Abbaustelle in den 1980er Jahren. Zu Beginn befand sich die Mine vollständig in staatlichem Besitz. Anfang der 2000er Jahre wurde sie schließlich privatisiert. Anschließend stiegen die geförderten Mengen zunächst weiter an. Mit 34,3 Millionen Tonnen wurde im Jahr 2012 ein Höchstwert erreicht. Doch in den letzten Jahren sank die Nachfrage auf dem Weltmarkt nach kolumbianischer Kohle. Dies hatte einerseits globale Gründe. Denn immer stärker rückten die klimaschädlichen Auswirkungen der Kohle in den Fokus. Nicht nur Deutschland versuchte daher die Kohleverstromung zu reduzieren. Gleichzeitig hatte die kolumbianische Mine aber auch mit eigenen Problemen zu kämpfen. Denn immer wieder kam es zu Berichten über Vertreibungen, ermordete Gewerkschafter und Umweltschäden. Zahlreiche Importeure nahmen daher Abstand von einer Zusammenarbeit, um nicht mit diesen Verbrechen in Zusammenhang gebracht zu werden. In Deutschland nahmen daher die Kohleimporte aus Kolumbien ab, während sie aus Russland anstiegen.

Per Zug wird der fossile Energieträger zum Hafen transportiert

Noch im vergangenen Jahr wurden so 20 Millionen Tonnen Steinkohle aus Russland nach Deutschland gebracht und hier verfeuert. Inzwischen haben sich die Mengen deutlich reduziert: Im August 2022 waren es noch 619.500 Tonnen – Tendenz weiter fallend. Dafür ist die Nachfrage nach der kolumbianischen Kohle stark angestiegen. Dies lässt sich auch an der Preisentwicklung ablesen. So stieg der Preis pro Tonne zwischen Februar und August dieses Jahres von rund 150 Euro auf über 400 Euro. Trotzdem ist die Nachfrage groß. Jeden Tag fahren daher fünf bis sechs Züge von der riesigen Kohlemine in den rund 150 Kilometer entfernten Hafen am Atlantik. Die Zusammenarbeit zwischen Hafen und Mine gestaltet sich einfach: Beide Anlagen gehören dem Schweizer Glencore-Konzern. Per Schiff wird die Steinkohle dann in alle Welt verschifft. Ein nicht unerheblicher Teil davon landet aktuell auch in Deutschland. Wie lange diese Sonderkonjunktur für Steinkohle allerdings anhalten wird, bleibt abzuwarten.


Via: Wiwo

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