Nun ist es offiziell: Die Starliner-Raumkapsel, die derzeit noch an der Internationalen Raumstation ISS angedockt ist, wird ohne ihre Besatzung zur Erde zurückgeholt werden. Die beiden Astronauten, die mit ihr ins All geflogen sind, müssen nun bis 2025 auf der ISS bleiben und werden dann mit einer Dragon-Kapsel von Elon Musks Unternehmen SpaceX zur Erde zurückkehren. Die damit verbundenen Planänderungen wirken sich auch auf andere Raumfahrtmissionen aus. Für Boeing wird die ganze Geschichte derweil mehr und mehr zum Super-GAU.


Gestrandet auf der ISS

Eigentlich sollte die Starliner-Raumkapsel von Boeing neben der Dragon-Crewkapsel von SpaceX zur zweiten Transportmöglichkeit werden, die die USA bei Flügen zur ISS einsetzt. Beim ersten bemannten Flug zur Internationalen Raumstation kam es allerdings zu Problemen. Ausfallende Antriebsdüsen und Heliumlecks gefährdeten den Flug. Glücklicherweise gelang es dennoch, mit der Starliner-Kapsel an die ISS anzudocken. Die beiden NASA-Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams konnten an Bord gehen. Allerdings ist seitdem unklar, ob die Kapsel sicher genug für den bemannten Wiedereintritt in die Erdatmosphäre ist, sodass die beiden Astronauten der NASA nicht wie ursprünglich vorgesehen nach acht Tagen auf die Erde zurückkehren konnten, sondern an Bord der ISS strandeten. Die NASA und Boeing verbrachten die letzten zwei Monate derweil mit zahlreichen Tests, mit denen geklärt werden sollte, ob die Starliner-Kapsel sicher ist.


Doch nun stellte sich heraus, dass sich diese Frage nicht mit hinreichender Sicherheit beantworten lässt, weshalb die NASA entschieden hat, die Kapsel unbemannt zur Erde zurückzuholen. Entschieden wurde dies durch eine anonyme Befragung aller seitens der NASA und Boeing beteiligten Personen. „Die Raumfahrt ist selbst bei Routineflügen eine riskante Angelegenheit. Und ein Testflug ist schon von seiner Natur aus weder sicher noch Routine. Die Entscheidung, Butch und Suni auf der Internationalen Raumstation zu lassen und Boeings Starliner ohne Besatzung zurückzuholen, ist das Ergebnis unserer Verpflichtung zur Sicherheit – sie ist unser Kernwert„, so Bill Nelson von der NASA.

Rückflug erst im Februar 2025

Für Boeing ist dies ein schwerer Rückschlag, zumal das Unternehmen in den letzten Monaten sowieso schon mit Image-Problemen zu kämpfen hat. Seitens der NASA betonte man aber, man werde auch weiterhin mit Boeing zusammenarbeiten. „Der Starliner ist ein sehr fähiges Raumfahrzeug. Letztlich lief es aber darauf hinaus, dass wir ein höheres Niveau der Sicherheit brauchen, um einen bemannten Rückflug durchzuführen„, erklärt Steve Stich von der NASA.

Nun soll der Starliner so umprogrammiert werden, dass er autonom von der ISS abdockt und zur Erde zurückkommt. Diese Rückholung ist für Anfang September geplant und soll mit weiteren Tests verbunden werden, um weitere Erkenntnisse aus dem Vorfall ziehen zu können.

Für die beiden Astronauten der NASA bedeutet dies, dass sie auf die nächste reguläre Rückflugmöglichkeit warten müssen. Der nächste Crewwechsel, bei dem dann eine Dragon-Kapsel von SpaceX zum Einsatz kommt, ist zwar bereits für Mitte September geplant, allerdings sind für diese Mission bereits alle Rückflugplätze belegt. Williams und Wilmore müssen deshalb bis Februar 2025 auf der ISS ausharren und werden somit offiziell Teil der nächsten Besatzung der Raumstation. Das bedeutet auch, dass zwei Astronauten der aktuellen Crew-Rotation auf der Erde bleiben müssen.

Zeit-Konflikte in Cape Canaveral

Und auch für die NASA bereitet diese Lösung technischen und logistischen Aufwand. Die individuell auf die Besatzung angepassten Sitze der Dragon-Kapsel müssen nun umgebaut werden. Außerdem muss die mitfliegende Fracht der September-Mission angepasst werden, um Kleidung, Raumanzüge und persönliche Gegenstände der beiden Astronauten zur ISS zu bringen.

Der Zwischenfall hat die September-Mission außerdem verzögert. Ursprünglich sollte diese bereits im August stattfinden. Der Start wurde nun auf den 24. September verschoben und kollidiert mit mehreren weiteren Missionen, deren Zeitplan nun angepasst werden musste. So kam es zu zeitlichen Konflikten mit einem für Mitte September vorgesehenen Flug einer Soyuz-Raumkapsel zur ISS. Für Anfang Oktober ist außerdem die NASA-Mission Europa Clipper geplant, in deren Rahmen eine unbemannte Raumsonde zum Jupitermond Europa fliegen soll. Da die Startrampe in Cape Canaveral nicht so schnell umgerüstet werden kann, muss die ISS-Crew-Mission auf einen anderen Startkomplex ausweichen, der eigentlich von SpaceX für die Starts der Falcon-9-Raketen genutzt wird. Der Start im September wird der erste bemannte Start von diesem Startkomplex aus sein.

via NASA

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